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26. November 2019 Aktuelles

Die Zukunft von Arbeit (geschlechter-)gerecht gestalten

v.l.n.r.: Gisela Göllner-Kesting, Petra Löwenbrück, Prof'in Dr. Ingrid Kurz-Scherf, Gertrud Casel (c) Beate Behrendt-Weiß

Bericht zur Jahrestagung des Ständigen Ausschusses Frauen und Erwerbsarbeit

Ob digitaler Strukturwandel in der Arbeitswelt, Auswirkungen der Globalisierung oder neues Verständnis von Arbeit - die Gender-Perspektive muss dringend mehr Beachtung finden.

Diese Überzeugung vertraten die drei Fachfrauen, die auf der Jahrestagung des Ständigen Ausschusses Frauen und Erwerbsarbeit vom 22. bis 24. November im Erbacher Hof in Mainz referierten: Amanda Witkowski (Hans-Böckler-Stiftung), Ingrid Kurz-Scherf (Politikwissenschaftlerin) und Gertrud Casel (Justitia et Pax/kfd).

Übereinstimmend warnten sie vor aktuellen Tendenzen, die eine "Rolle rückwärts" zu alten Frauenbildern markierten. Unter der Leitung von Ausschuss-Sprecherin Petra Löwenbrück und der zuständigen Referentin in der kfd-Bundesgeschäftsstelle, Gisela Göllner-Kesting, beschäftigten sich die kfd-Frauen mit dem Thema "Zukunft von Arbeit". Sie gingen vor allem der Frage nach, wie menschenwürdige und geschlechtergerechte Arbeit in Zeiten großer gesellschaftlicher Umbrüche aussehen kann und muss.

Auswirkungen von Digitalisierung

Zum Einstieg gab Amanda Witkowski von der Hans-Böckler-Stiftung einen Überblick über die fundamentalen Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt. Unter der Überschrift "Wie weiblich ist Arbeit 4.0?" stellte sie dabei die Veränderungen für Frauen sowie deren Beteiligung bzw. Ausgrenzung in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen.

Diese machten deutlich, wie die Rolle von Frauen von der Einführung der Dampfmaschine bis zu digitalen Technologien mit jeder industriellen Revolution komplexer wurde. Zeit, sich anzupassen, bleibe kaum noch; stattdessen werde lebenslanges Lernen immer wichtiger.

"Auch wenn es Frauen waren, die die ersten Computer programmiert haben", so Witkowski, "sind sie heute in den MINT-Berufen deutlich unterrepräsentiert. Digitalisierung ist ein männlich besetztes Thema."

Vieles liege grundsätzlich im Argen und verlange nach einer aktiven Mitgestaltung: So bekämen Frauen seltener Gelegenheit zur beruflichen Qualifizierung oder Kredite für eine Unternehmensgründung. Auch seien neue Beschäftigungsmodelle kritisch zu hinterfragen. So birgt beispielsweise die digitale Plattformarbeit vielerlei Gefahren.

Dabei stellen Plattformbetreibende im Netz den Kontakt zwischen Menschen her, die einen Arbeitsauftrag vergeben (z.B. das Entwerfen eines Logos), und jenen, die ihn übernehmen möchten. Vielfach sind dabei die Auftragnehmenden ohne rechtliche und soziale Absicherung. Zunehmend verschwimmen so die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben.

Ein neuer Arbeitsbegriff ist nötig

Den zweiten Studienteil der Jahrestagung gestaltete Professorin Dr. Ingrid Kurz-Scherf. Die Politikwissenschaftlerin und Gender-Forscherin skizzierte grundlegende Aspekte eines neuen Arbeitsbegriffs und kritisierte, dass "Zukunft von Arbeit" vorrangig aus Männerperspektive angegangen werde.

In diesem Zusammenhang stellte sie die Initiative "TimesUp - Now" vor, die weltweit für sichere, faire und würdevolle Arbeit für alle Frauen eintritt. "Der Wandel der Arbeitswelt kann nicht ohne Gender-Perspektive gesehen werden", so Kurz-Scherf. "Es müssen emanzipatorische, sozialverträgliche Lösungen gefunden werden."

Das gelte für alle großen Herausforderungen, angefangen von Klimawandel und Pflege-, Bildungs- und Sorgenotstand über soziale Spaltung, weltweite Krisen und Fluchtbewegungen bis hin zu Politik- und Demokratieverdruss oder dem erschreckenden Aufschwung rechter Bewegungen.
"Wir brauchen einen neuen Arbeitsbegriff, wenn wir über die Zukunft der Gesellschaft und die Zukunft der Demokratie reden."

Arbeit im gesellschaftlichen Sinne sei "Tätigkeit für andere", denn niemand könne leben, ohne auf die Tätigkeiten von anderen zurückzugreifen. Grundlage für einen neuen Begriff sei die Vorstellung von einem guten Leben, so Kurz-Scherf.

"Gute Arbeit für ein gutes Leben: mit Wohlstand und Wohlergehen auf der einen Seite, Ethik und Moral auf der anderen." Deshalb braucht es eine große gesellschaftliche Debatte, um die grundsätzliche Frage zu beantworten: "Was soll an die Stelle der bestehenden Strukturen treten und wie lässt sich das erreichen?"

Globalisierung und (Frauen)Arbeit

Im Fokus des dritten Studienteils standen die sozialethischen Herausforderungen, die die Globalisierung mit Blick auf (Frauen-)Arbeit aufwirft. Dafür hatte der Ausschuss die langjährige Geschäftsführerin der deutschen Kommission von "Justitia et Pax", Gertrud Casel, gewinnen können.

Die ehemalige Generalsekretärin des kfd-Bundesverbandes (1989-1997) betonte die Bedeutung der katholischen Soziallehre, wenn es um die Würde des Menschen und der menschlichen Arbeit gehe.

In diesem Sinne fördert auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) der Vereinten Nationen menschenwürdige Arbeit, Sozialschutz und die Stärkung des sozialen Dialogs. Dennoch gebe es in vielen Ländern unwürdige Arbeitsbedingungen, geschlechtsspezifische Diskriminierung und Gewalt.

Vor allem Frauen hätten überdurchschnittlich oft unterbezahlte und kaum abgesicherte Jobs. "Es gibt viele gute Beschlüsse gegen Ausbeutung und Diskriminierung", so Casel, "aber oft fehlt es an der Umsetzung oder konsequenter Kontrolle."

Sie nannte das Beispiel einer indischen Frauengewerkschaft, in der sich Müllsammlerinnen solidarisch zusammengeschlossen haben. Hier wurde eindrucksvoll deutlich, dass Selbstorganisation und Empowerment gerade im informellen Sektor der Königsweg zu menschenwürdiger Arbeit und sozialem Schutz sind.

Casel verwies mit Blick auf den Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen (25. November) auf die Konvention C190, die die ILO im Juni 2019 vor dem Hintergrund der weltweiten #MeToo-Debatte gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt verabschiedet hat.

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Stand: 26.11.2019
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