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Position

Sexarbeit und Prostitution

Sexarbeit und Prostitution sind ein gesellschaftliches Phänomen, das Frauen besonders betrifft: Über 90 Prozent der in der Prostitution tätigen Personen sind weiblich. Deshalb ist die kfd als Frauenverband gefordert, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Die kfd versteht Sexualität als eine von Gott geschaffene Lebenskraft und als Geschenk." (aus dem Positionspapier der kfd "Frauenleben sind vielfältig!", 2022)

Menschen sind frei, über den eigenen Körper und die eigenen Tätigkeiten zu entscheiden, solange sie die Grenzen ihrer Mitmenschen wahren. Daran knüpft auch das Selbstbestimmungsrecht der Frau* an. Für die kfd ist es daher nicht verhandelbar.

Die kfd lehnt die Anwendung von Gewalt oder Zwang in jedweder Form auch im Kontext von Sexarbeit und Prostitution entschieden ab. Im Bereich der legalen Sexarbeit und Prostitution begegnen uns allerdings immer wieder Grauzonen, die es zu identifizieren gilt.

Die kfd verurteilt nicht, sondern begegnet Frauen wertschätzend, die - aus welchen Gründen auch immer - Sexarbeit und Prostitution als eine Form des Gelderwerbs sehen. 

Die gesetzliche Lage in Deutschland

Im Jahr 2002 wurde mit dem Prostitutionsgesetz (ProstG) der Versuch unternommen, der Prostitution einen festen rechtlichen Rahmen zu geben. Die Sittenwidrigkeit wurde aufgehoben. Seitdem gilt Prostitution als anerkannte Erwerbstätigkeit und Sexarbeiter*innen und Prostituierte können sich als Selbstständige anmelden und sozialversichern sowie ihren Lohn einklagen. Mit dem Prostitutionsgesetz (ProstG) sollten u.a. die negativen Begleiterscheinungen von Sexarbeit und Prostitution, die Ausübung von Zwang auf Prostituierte sowie ihr Abdrängen in die Illegalität beseitigt werden. Mit der Einführung des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) 2017 wurde das Prostitutionsgesetz (ProstG) abgelöst und eine umfangreichere Regelung der Dienstleistungen und Rahmenbedingungen im Bereich von Sexarbeit und Prostitution vorgenommen.

Das Problem

Die Auseinandersetzung mit Sexarbeit und Prostitution wird durch die unerschlossene Faktenlage erschwert. Es gibt kaum fundierte statistische Daten über Sexarbeit und Prostitution in Deutschland.  Verlässliche Zahlen, wie viele Sexarbeiter*innen und Prostituierte es in Deutschland gibt, existieren nicht. Es gibt verschiedene Schätzungen, die versuchen, die Zahlen der in Sexarbeit und Prostitution tätigen Personen abzubilden.

Das Prostituiertenschutzgesetz will diesbezüglich Abhilfe schaffen, doch die Umsetzung läuft langsam und es gibt weiterhin große Hürden für die Anmeldung von Sexarbeiter*innen und Prostituierten. 

Aus Sicht der kfd besteht viel Handlungsbedarf, um die Situation der Menschen in Sexarbeit und Prostitution zu verbessern. Die Maßnahmen werden kontrovers diskutiert. 

Die diversen Meinungen zu Sexarbeit und Prostitution lassen sich auch damit begründen, dass die Akteur*innen verschiedene Einblicke in Sexarbeit und Prostitution haben und unterschiedliche Ziele verfolgen.

Gleichzeitig haben die diversen Akteur*innen auch gemeinsame Forderungen, wie die Nichtdiskriminierung und Entstigmatisierung von Frauen, die in Sexarbeit und Prostitution tätig sind, sowie die bessere Finanzierung von Ausstiegs- und Beratungsprogrammen, die Frauen unterstützen und begleiten sollen.

Positionspapier „Nein zu Gewalt! – Ja zu Selbstbestimmung!“

In der kfd wird seit 2018 auf Bundesebene intensiv diskutiert, wie die Situation von Sexarbeiter*innen und Prostituierten in Deutschland verbessert werden kann. Im Juni 2023 hat die Bundesversammlung des kfd-Bundesverbands das Positionspapier „Nein zu Gewalt! – Ja zu Selbstbestimmung!“ verabschiedet. Die kfd unterscheidet damit in selbstbestimmte Sexarbeit und Prostitution, die aus sozialen, psychischen und wirtschaftlichen Notlagen heraus angeboten wird.

„Die kfd stellt sich entschieden gegen alle Formen von Gewalt, sei es sexualisierte, physische, psychische, spirituelle und darüber hinaus auch gegen jede Form von Machtmissbrauch.“ (aus dem Positionspapier der kfd „Frauenleben sind vielfältig!“, 2022)

Das macht die kfd nach innen wie außen immer wieder deutlich. Sie lehnt die Anwendung von Gewalt oder Zwang in jedweder Form auch im Kontext von Sexarbeit und Prostitution entschieden ab.

Die kfd bekräftigt in ihrem Positionspapier ihre Haltung, sich aktiv gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution einzusetzen. Menschenhandel ist ein komplexer, mehrdimensionaler Strafbestand, geregelt durch Paragraph 232 StGB. Er stellt in allen Formen eine schwere Menschenrechtsverletzung dar. Unter Strafe stehen Menschenhandel zum Zweck von Zwangsprostitution, außerdem Menschenhandel zum Zweck von Ausbeutung von Arbeitskraft, Bettelei, krimineller Tätigkeiten oder rechtswidriger Organentnahme. 

Die kfd fordert ein unabhängiges Forschungsprogramm für mehr Dunkelfeldstudien, um blinde Flecken im Bereich von Sexarbeit und Prostitution und damit auch von Menschenhandel und Zwangsprostitution sichtbar werden zu lassen.

Hintergründe / Materialien

Definitionen

Das Thema Sexarbeit und Prostitution gestaltet sich sehr komplex. Dementsprechend gibt es (auch international) unterschiedliche Perspektiven auf und diverse Herangehensweisen an die Thematik. Global betrachtet werden in anderen Sprachräumen verschiedene Termini für Sexarbeit und Prostitution genutzt.

Die Bezeichnungen Sexarbeit und Prostitution werden im deutschen Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) und häufig im gesellschaftlichen Kontext synonym verwendet. Darüber hinaus bestehen Grauzonen den beiden Begrifflichkeiten. 

Im Wissen darum, dass eine klare Trennung nicht immer möglich ist, unterscheidet die kfd dennoch zwischen Sexarbeit und Prostitution. Es handelt sich dabei um einen Diskussionsbeitrag, um die Grauzonen und damit verbundene Schwierigkeiten im Blick zu behalten. Insbesondere wird in diesem Kontext auf die Schwierigkeiten verwiesen, die sich aus der in Deutschland gesetzlich verankerten Definition von Prostitution ergeben. Die Definitionen sind abhängig von der jeweiligen Perspektive, wobei hierbei die Selbstbestimmung die zentrale Perspektive ist. Sowohl Sexarbeit als auch Prostitution werden definiert als sexuelle Handlungen gegen Entgelt oder andere Gegenleistungen. Die kfd definiert Sexarbeit und Prostitution wie folgt:

Sexarbeit

Sexarbeit wird definiert als selbstbestimmte Entscheidung eines Individuums, das sexuelle Dienstleistungen als Ergebnis eines freien Willensprozesses anbietet. Sexarbeit ist ein Begriff, der aus dem Selbstverständnis der Dienstleister*in erwächst und schließt dabei unterschiedliche Formen sexueller und erotischer Arbeit ein (z.B. pornografische Darstellungen, erotischer Tanz, Tantra-Massagen, Sexualbegleitung und -assistenz…). Sexarbeit ist als neutrale und nicht wertende Bezeichnung zu verstehen. Sie wendet sich gegen Stigmatisierung der Dienstleister*innen und wirbt für einen respektvollen Umgang.

Prostitution

Werden sexuelle Handlungen nicht selbstbestimmt, sondern aus sozialen, psychischen und wirtschaftlichen Notlagen heraus angeboten, handelt es sich um Prostitution. Im Rahmen der jeweiligen Lebenssituation und des selbstbestimmten Handelns wird keine andere Möglichkeit gesehen, als den eigenen Unterhalt und gegebenenfalls den Unterhalt weiterer Angehöriger durch Prostitution zu verdienen. Prostitution besteht dann im Verkauf des eigenen Körpers und ist keine Dienstleistung im Sinne der oben definierten Sexarbeit. Die Person sieht sich selbst durch ihre Lebensumstände, nicht aber primär durch eine andere Person, Organisation oder Institution, dazu gezwungen, sich zu prostituieren. 

Positionspapier "Nein zu Gewalt! - Ja zu Selbstbestimmung!"
  • kfd-Position_zu_Sexarbeit_und_Prostitution.pdf Die Positionierung zu Sexarbeit und Prostition der kfd wurde zur Bundesversammlung im Juni 2023 vorgelegt und verabschiedet. Download
Materialien für die Diskussionsarbeit
  • kfd-Diskussionspapier Prostitution (aktualisierte Version) Auf Beschluss der kfd-Bundesversammlung vom 31. Mai 2018 wurde die AG "Prostitution" eingesetzt, mit dem Ziel einer Positionsbeschreibung und Haltung des Verbandes zum Thema Prostitution. Dieses Papier wird zunächst als Diskussionspapier in die kfd-Diözesanverbände/Landesverband hineingegeben. 442 KB Download
Stand: 11.01.2024
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