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29. März 2018 Aktuelles

Klasse statt Masse

"Gute Ernte" lautete das Thema der Tagung des Ständigen Ausschusses "Hauswirtschaft und Verbraucherthemen" Ende März. Foto: pixabay

Tagung des Ständigen Ausschusses "Hauswirtschaft und Verbraucherthemen" zu nachhaltiger Landwirtschaft

"Gute Ernte" - unter diesem Titel tagte am 22. und 23. März 2018 der Ständige Ausschuss "Hauswirtschaft und Verbraucherthemen" im Erbacher Hof in Mainz. Im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen stand die Frage, wie sich eine nachhaltige Landwirtschaft verwirklichen lässt und was Verbraucher(innen) sowie katholische Verbände dazu beitragen können.

Nachhaltiger Konsum liegt im Trend: Wie der aktuelle Ernährungsreport zeigt, will die Mehrheit der Deutschen regional erzeugte Lebensmittel aus einer gesunden Landwirtschaft und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung.

"Gute Ernte - das sagt sich so leicht", stellte Helga Klingbeil-Weber, Referentin beim kfd-Bundesverband, zu Beginn der Tagung jedoch einschränkend fest.

Denn das Thema ist komplex und birgt politischen Sprengstoff: Der Agrarsektor ist eingebettet in ein Geflecht unterschiedlichster Interessen. Zwischen Politiker(inne)n und Umweltverbänden, zwischen Tierschutzorganisationen und Agrarindustrie sowie zwischen konventionellen und Bio-Bauern verlaufen die Gräben zum Teil tief. Der Weg zur guten Ernte ist mühevoll. Aber er lohnt sich.

Alte Gemüsesorten als Lebensversicherung

Auf die Situation der Landwirtinnen und Landwirte ging Nicole Podlinski, Bundesvorsitzende der Katholischen Landvolkbewegung (KLB), in ihrem Impulsreferat ein. In den letzten Jahrzehnten sei die Landwirtschaft einem massiven Schrumpfungsprozess unterworfen gewesen, inzwischen arbeite nur noch zwei Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung in diesem Sektor. Viele Betriebe hätten mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen und sähen sich von einer zunehmend kritischen Öffentlichkeit unter Druck gesetzt.

Nicole Podlinski appellierte an die Teilnehmerinnen: "Diese Menschen arbeiten hart und verdienen meist wenig - sie sind nicht die Prügelknaben der Nation." Podlinski wies zudem auf die Veränderungen hin, die durch den Klimawandel drohten. Die Landwirtschaft sei vor allem wegen der intensiven Tierhaltung Teil des Problems, aber auch Teil der Lösung: "Beispielsweise lässt sich durch spezielle Methoden der Bodenbearbeitung CO2 auch wieder binden." Zudem sollte verstärkt der Anbau robuster Pflanzen gefördert werden: "Alte Gemüsesorten sind unsere Lebensversicherung in Zeiten des Klimawandels."

Weniger und besser konsumieren

Tobias Reichert, Teamleiter Welternährung, Landnutzung und Handel bei der Entwicklungs- und Umweltorganisation germanwatch, machte auf Fortschritte und ein gewachsenes Problembewusstsein im Bereich Landwirtschaft aufmerksam. So hätten die Vereinten Nationen mit den "Zielen für nachhaltige Entwicklung" im Rahmen der Agenda 2030 die Grundlage dafür geschaffen, weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und innerhalb der ökologischen Grenzen der Erde zu gestalten.

Fast alle der 17 Ziele wiesen auch einen Bezug zur Landwirtschaft auf, wie zum Beispiel das sechste Ziel, das den Zugang zu sauberem Trinkwasser für alle Menschen festschreibt. Auch Deutschland sei bei der Umsetzung dieses Ziels vor immer größere Probleme gestellt, denn wegen massiver stickstoffhaltiger Düngung und der Ausbringung von Gülle sei hierzulande das Grundwasser häufig zu stark mit Nitrat belastet. Und die Antibiotika aus der Tierhaltung landeten ebenfalls im Grundwasser.

Auf europäischer Ebene steuere die "Gemeinsame Agrarpolitik" in eine ähnliche Richtung wie die Agenda 2030 der Vereinten Nationen. "Diese Ziele sind richtig", sagte Tobias Reichert. Ihre Umsetzung müsste aber auch klar vorgegeben und überprüft werden. "Und grundsätzlich gilt, dass wir besser und zugleich weniger produzieren sollten - wir sollten lernen, uns zu beschränken."

Mit gutem Gewissen konsumieren

Die Agrarökonomin Christiane Wildraut von der Fachhochschule Südwestfalen (FH-SWF) legte den Schwerpunkt ihres Referates auf die Nutztierhaltung. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbrauchern läge das Tierwohl am Herzen. Bei einer Umfrage der Universität Göttingen gaben 85 Prozent an, dass Tiere vor der Schlachtung gut leben sollten, 55 Prozent wären bereit, mehr dafür zu bezahlen. "Die Menschen wollen beim Fleischkonsum ein gutes Gewissen haben", sagte Wildraut.

Landwirte und Landwirtinnen gerieten durch diesen Anspruch zunehmend unter Rechtfertigungsdruck, gegenseitige Missverständnisse seien an der Tagesordnung. Die FH-SWF habe daher Foren ins Leben gerufen, in denen Landwirt(inn)en und Verbraucher(innen) über kritische Themen wie Haltungsbedingungen von Nutztieren diskutierten. Waren die Fronten zu Beginn noch verhärtet, näherten sich die "Lager" im Laufe der Gespräche an, das Verständnis füreinander wuchs. "Nach dem Projekt haben wir uns die Frage gestellt, ob wir eine andere Nutztierhaltung brauchen oder eine andere Art von Kommunikation", sagte Christiane Wildraut. "Die Antwort ist: Wir brauchen beides."

Positives Fazit

Am Ende der Tagung zog Margot Klein, stellvertretende Sprecherin des Ständigen Ausschusses, ein positives Fazit: "Die Vorträge und Diskussionen haben zutage gebracht, wie vielfältig und herausfordernd das Thema 'Gute Ernte' ist."

In Gruppen hätten die Frauen konkrete Handlungsoptionen erarbeitet und dabei die Perspektive der kfd, von Verbraucherinnen, Landwirtinnen und einer Landwirtschaftsministerin eingenommen.

Erfreulich sei auch das große Interesse an der Tagung: "Neben den Delegierten des Ständigen Ausschusses Hauswirtschaft und Verbraucherthemen hatten wir dieses Mal ungewöhnlich viele Gäste als Teilnehmerinnen, darunter auch Landwirtinnen. Das zeigt, wie wichtig den kfd-Frauen dieses Thema ist - und dass sie bereit sind zum Dialog."

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Stand: 29.03.2018
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