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Feministisch GLAUBEN

 

Sie sind katholisch (nicht nur), kritisch, konstruktiv, kirchennah und kirchenfern: Die Serie „Generation K“ widmet sich jungen Frauen, die sich die Fragen von Kirche, Glauben und Gesellschaft neu stellen.

Von Julia Pütz

Farina Dierker begleitet Frauen im Diözesanverband Osnabrück dabei, ihre Stimme zu erheben. Als Referentin der kfd und der Frauenseelsorge engagiert sich die 35-Jährige für Partizipation und Gleichberechtigung. Auch digital sind ihre Ideen von einem ganzheitlichen feministischen Glauben präsent.

„Die Grundidee der Katholischen Frauengemeinschaft ist eine gute“, sagt Farina Dierker, „weil sie ein Ort für Frauen, für Menschen ist, die in der Struktur der Katholischen Kirche keinen Ort finden.“ Die 35-Jährige ist motiviert, Veränderungen anzugehen. Seit Ende 2019 begleitet die promovierte Theologin die Frauen im Diözesanverband Osnabrück dabei, ihre Stimme zu erheben. Als Geschäftsführende Referentin der kfd sowie als Referentin in der Frauenseelsorge arbeitet sie aus Überzeugung mit daran, dass alle Menschen in Kirche gleichberechtigt sind. „Mir geht es darum, hinderliche Strukturen abzubauen – aber nicht nur in der Katholischen Kirche. Es geht auch um die Frage, wie die kfd relevant bleiben kann.“ Dass sich Frauen im Verband demokratisch, partizipativ, gemeinsam und auf Augenhöhe engagieren und dass sie durch ihn die Möglichkeit einer gesellschafts- und kirchenpolitischen Einflussnahme haben, sei sehr wertvoll, unterstreicht die 35-Jährige. „Ohne diese laute gemeinsa-me Stimme hätten viele Dinge, die schon erreicht wurden, nicht erreicht werden können“, ist sich Dierker sicher. Und „diese Stimme“ werde auch in Zukunft gebraucht. 

Mein Wunsch ist es, dass Menschen in Kirche nicht mehr in Geschlechtskategorien und Ämter sortiert werden.

Als Referentin der kfd und der Frauenseelsorge auf Diözesanebene ist sie Ansprechpartnerin und Netzwerkerin zugleich. „Zudem organisieren wir im Team Schulungstage oder Bildungsangebote.“ Oft greife die kfd-Arbeit mit der Arbeit in der Frauenseelsorge ineinander. „Denn Frauen brauchen nach wie vor geschützte Räume, um über ihre Anliegen zu sprechen und sich zu vernetzen.“ Im Team versuchen sie in Osnabrück allerdings weiterzugehen und Frauenseelsorge neu zu durchdenken: „Wir haben es heutzutage mit einer komplexen Diskriminierungssituation in Kirche und Gesellschaft zu tun. Wir brauchen eine explizite Frauenseelsorge, und gleichzeitig brauchen wir viel mehr. Mein Wunsch ist es, dass Menschen in Kirche nicht mehr in Geschlechtskategorien und Ämter sortiert werden.“ Unter der Prämisse „Mensch ist Mensch“ sowie dem Ziel „das Evangelium durch vielfältige Glaubenszeugnisse erfahrbar werden zu lassen“ ließe sich in Kirche nur dazugewinnen. 

Kontakte zur kfd knüpfte Farina Dierker während ihres Studiums der Katholischen Theologie, Anglistik und „Theologie und Kultur“ an der Uni Osnabrück. Über Professorin Margit Eckholt war sie in den Kongress „Frauen in kirchlichen Ämtern“ eingebunden, der 2017 in Osnabrück stattfand und bei dem die kfd Kooperationspartnerin war. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Dogmatik und Fundamentaltheologie beschäftigte sie sich intensiv mit verschiedenen Themenfeldern feministischer Theologie: „Im Studium habe ich diese geschlechtersensible Perspektive auf das Verständnis von Gott und auf das Verhältnis von Gott und Welt kennen- und schätzen gelernt.“ In ihrer Doktorarbeit entwickelte Dierker schließlich feministisch-prozesstheologische Ansätze für ein neues Denken über Gott und Schöpfung. „Es geht darum, die Beziehung von Gott und Schöpfung dialogisch zu betrachten. Gott ist Beziehungspartner, der in einem permanenten Austausch mit der Schöpfung und den Menschen steht. Dies prägt auch meinen Glauben.“ 

Bereits in Dierkers Kindheit und Jugendzeit spielte Spiritualität eine Rolle. „Im Religionsunterricht hat mich die Auseinandersetzung mit dem Glauben begeistert. Schon immer hat mich die Frage beschäftigt, wie man im Alltag von Gott sprechen und ihn erfahrbar machen kann. Glaube hat viel damit zu tun, wie ich Menschen begegne, wie ich auf die Welt blicke und wo ich Hoffnungszeichen finden kann.“ Im Alltag innehalten, neue Impulse aus biblischen Texten ziehen, das macht die 35-Jährige gerne morgens bei einer Tasse Kaffee und einer speziellen Form der Textmeditation: „Ich nutze die sogenannte Blackout Poetry. In mehreren Schritten gehe ich den Text durch, kreise Wörter ein, die mich positiv ansprechen oder einen Widerstand erzeugen. Dann schaue ich, was noch im Sinnzusammenhang steht und streiche alles andere durch. Es ist spannend, was übrigbleibt.“ 

Es ist inspirierend, im digitalen Raum Glaubensfragen und -erfahrung zu teilen. Er ist, vielleicht ähnlich wie die kfd, ein Ort für Menschen, die in der analogen Kirche oft keinen Raum finden.

Die Ergebnisse finden sich bei Farina Dierker oft im digitalen Raum wieder. Da Gott mitgehe, brauche es nicht immer einen spezifischen Ort, um Spiritualität erleben zu können, ist sich die Referentin sicher. „Indem ich in sozialen Netzwerken von meinem Glauben erzähle, komme ich in Austausch mit anderen.“ So ist die 35-Jährige unter anderem in der digitalen christlichen Community „DA-ZWISCHEN“ sowie bei „Das Bodenpersonal“ des Bistums Osnabrück aktiv. Dort schreibt sie Impulse, feiert Gottesdienste per Videokonferenz und bildet beispielhaft die Vielfalt digitaler Kirche ab. Denn unter dem Usernamen „@farina.di“ beschäftigt sie sich auf Instagram mit Randphänomenen des Lebens, lässt sich von Musik und Büchern inspirieren, schreibt Segensworte in der Rubrik „Zeit für Dich und für Gott“. Zudem kommt sie mit Barbara Nick-Labatzki, ebenfalls Referentin der Frauenseelsorge im Bistum Osnabrück, im Format „feministisch_glauben“ mit Menschen zu feministischen Themen in und um Kirche und Glauben ins Gespräch: „Es ist inspirierend, im digitalen Raum Glaubensfragen und -erfahrung zu teilen. Er ist, vielleicht ähnlich wie die kfd, ein Ort für Menschen, die in der analogen Kirche oft keinen Raum finden.“ 

Die Generation K finden Sie auch hier: 

www.kfd.de/generation-k

Dierkers Ideen von einem ganzheitlichen feministischen Glauben sind geprägt davon, „sich gegen Benachteiligungen jeglicher Art stark zu machen und sich für die Gleichheit und Gleichberechtigung aller Menschen einzusetzen.“ Denn mit Blick auf die Kirche sei es deren Hauptaufgabe, nicht ausschließend zu sein. Zudem müssten das Evangelium und die Menschen wieder verstärkt in den Mittelpunkt gestellt werden. „Kirche muss überall hingehen, wo Gemeinschaft entsteht, und schauen, was die Menschen dort gerade brauchen.“

Für die Zukunft der kfd wünscht sich die Referentin vor allem Mut, den Frauenverband zu überdenken: „Es geht darum, das Profil weiter zu schärfen und herauszuarbeiten, was unser Spezifikum ist und wo unser Fokus liegt – auch im Vergleich zu anderen Verbänden.“ Gleichzeitig sei es sinnvoll, Strukturen auf Notwendigkeit zu prüfen sowie den Schulterschluss mit weiteren Organisationen zu suchen, wenn es um die gemeinsame Sache gehe.

Stand: 27.02.2024