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Zeile für Zeile zu Gott

 

Sie sind katholisch (nicht nur), kritisch, konstruktiv, kirchennah und kirchenfern: Die Serie „Generation K“ widmet sich jungen Frauen, die sich die Fragen von Kirche, Glauben und Gesellschaft neu stellen.

Von Julia Pütz

Beinahe täglich schreibt Kira Beer in ihrem Tagebuch über Selbstzweifel, Verliebtheit, Gottesbegegnungen oder Liebeskummer. Auch online teilt die 23-Jährige alles, was sie im Glauben und auf der Suche nach ihrem Platz in der Katholischen Kirche bewegt.

Tagebuchzeit ist Gebetszeit, findet Kira Beer. „Diese leere Zeilen zu füllen, ist für mich einer der persönlichsten Wege, um mit Gott und mit mir selber in Kontakt zu sein. Es ist ein Ort von Spiritualität, der sehr wertvoll für mich ist.“ Fast täglich schreibt die 23-Jährige Zeile für Zeile auf, was sie im Glauben und Leben bewegt – und das nicht nur auf Papier. Auch in den sozialen Medien ist die Theologiestudentin präsent. Auf Instagram lässt sie Interessierte an ihrem Alltag und ihrer Suche nach ihrem Platz in der Institution Kirche teilhaben. Von spirituell bis verrückt ist alles dabei: von „Kira in Rage“, wenn es um politische Themen wie die Rechte queerer Menschen, Reformprozesse oder das Frauenbild in der Katholischen Kirche geht, bis hin zu tiefen spirituellen Momentaufnahmen aus „Kiras Gebetsecke“. Unter der Prämisse, dass Glaube überall im Leben stattfindet, „also auch im Internet“, empfindet Kira Beer es als „große Freiheit“, ihren Alltag und ihre Gedanken dort zu teilen, sobald sie etwas bewegt: „Aus einer großen Dankbarkeit heraus, dass ich eine Beziehung zu Gott erleben darf, habe ich einfach das Bedürfnis, davon zu erzählen.“

Jemand zu sein, der Menschen einen Raum für Spiritualität bietet, der sie begleitet, so wie sie sind und wie sie leben, das hat mich im Ehrenamt schon begeistert.

Erst als Jugendliche fand Kira Beer, die aus Waldenburg im Hohenlohekreis stammt, einen Ort, an dem sich ihre Spiritualität und ihr Interesse für christliche Themen entfalten konnten: „Nach der Firmung, mit 15 Jahren, wo andere Jugendliche sich von der Kirche abwenden, habe ich mich als Ministrantin und bei den Sternsingern in einer Gemeinde unserer Seelsorgeeinheit engagiert.“ Beer erlebte Kirchengemeinde damals als „tragenden Ort“, der das Feuer und die Begeisterung für ihren Glauben neu entfacht hatte. „Leider gab es in unserer Seelsorgeeinheit nur Diakone, so dass ich nicht wusste, dass ich als Frau eine Berufsmöglichkeit in der Institution Kirche habe“, erinnert sich die heute 23-Jährige. „Jemand zu sein, der Menschen einen Raum für Spiritualität bietet, der sie begleitet, so wie sie sind und wie sie leben, das hat mich im Ehrenamt schon begeistert. Von daher war klar, dass ich mich für einen kirchlichen Beruf entscheide.“ Aktuell befindet sich Kira Beer in der Mitte ihres Studiums der Katholischen Theologie in Tübingen. Ihr Ziel: Pastoralreferentin. „Am Grundfeuer hat sich nichts geändert, auch wenn Hürden, Fragen und Zweifel aufkommen.“

Glaube bedeutet für mich,
dass es keine Beziehung in meinem Leben gibt,
die mich so trägt wie die Beziehung zu Gott.

Kira Beer fällt es leicht, ihre Beziehung zu Gott und „wie sie glaubt“ in Worte zu fassen – so lesen sich ihre Instagram-Beiträge oft wie ein öffentliches Tagebuch. „Glaube bedeutet für mich, dass es keine Beziehung in meinem Leben gibt, die mich so trägt wie die Beziehung zu Gott. Ich erlebe sie als Suche nach mir, als Vorangehen und Ankommen, als Treue, Sicherheit und Beständigkeit, als größtes Geschenk.“ Dass ihre ehrlichen Worte („Gott macht nicht einfach alles gut, aber er macht alles leichter“) inspirieren, darüber freut sich die 23-Jährige, wenn sie positive Rückmeldungen über soziale Netzwerke erhält. „Allzu oft sprechen wir zu abstrakt von Gott. Ich erlebe Seelsorgende, die erzählen Geschichten von Gott, aber nicht ihre eigenen. Ganz selten erfahre ich, dass jemand sagt: Das ist mein Zeugnis.“ Dabei erreiche genau dies die Menschen. „Es hat eine andere Authentizität, wenn man von sich erzählt“, sagt Kira Beer.

Wenn ich mich öffentlich zu Glauben und Kirche bekenne, muss ich auch sagen können, was ich schwierig finde.

Im Netz spricht die Theologiestudentin ebenso offen über ihren Weg als Frau in der Katholischen Kirche. Dabei ordnet Kira Beer stets ein, wovon sie sich distanziert: „Wenn ich mich öffentlich zu Glauben und Kirche bekenne, muss ich auch sagen können, was ich schwierig finde.“ So kommuniziert die 23-Jährige unter anderem den Besuch einer Demo für die Rechte queerer Menschen oder schreibt einen Blogeintrag über ihre Berufung zur Priesterin. „Das geschieht alles aus meiner Spiritualität heraus. Denn zu welchen Aktivitäten verpflichtet mich denn eigentlich mein Glaube? Setze ich mich für den Erhalt der Schöpfung, für Geschlechtergerechtigkeit oder gegen Rassismus ein?“, fragt Kira Beer. Als junge Christin ist ihr vor allem eine „vollwertige Seelsorge“ wichtig. „Am Ende ist es egal, ob ich als Diakonin, Pastoralreferentin oder Priesterin tätig bin. Es kommt darauf an, wie ich für Menschen da sein kann und wo Seelsorge beschnitten wird. Je weniger dies der Fall ist, desto mehr kann ich das tun, wozu ich mich berufen fühle.“

Die Generation K finden Sie auch hier: 

www.kfd.de/generation-k

Für die Zukunft wünscht sich die 23-Jährige eine Kirche, „die alle Menschen erleben können.“ Derzeit habe die Institution Strukturen, die Menschen ausschließe, so dass nicht alle Kirche als etwas Wertvolles erleben könnten, wie sie es in ihrer Jugend erfahren durfte. Zudem müssten sich die Qualität der Seelsorge und der Umgang mit der Liturgie verbessern. „Ich würde mir mehr Liebe zum Detail bei der Vorbereitung von Gottesdiensten wünschen. Nicht nur runterbeten, sondern mit Liturgie inspirieren“, sagt Kira Beer. Neben neuen Strukturen müsse die Katholische Kirche generell an ihren Angeboten arbeiten.

Impulse setzen und Raum für das eigene Suchen und Finden im Glauben und Alltag geben, dies hat die Studentin jüngst mit einem besonderen Projekt in die Tat umgesetzt. Mit „Leere Zeilen“ ist ihr erstes Buch erschienen. Das sogenannte Gebetstagebuch enthält Tagebucheinträge und Gebetsfetzen von Beer sowie Impulsfragen zu den Themen Sehnsucht, Zweifel, Stille, Eintauchen, Staunen und Wachsen. „Und außerdem viele leere Zeilen, damit man selbst ins Schreiben kommt und Raum für eigene Gedanken hat“, erläutert die Autorin, die das Buchprojekt mit ihrem Podcast-Kollegen und Verleger Tobias Sauer umgesetzt hat. Es sei schön, so Kira Beer, weitergeben zu können, was sie erlebe, und mache sie stolz, Menschen mit ihren Worten zu inspirieren.

Mehr von Kira Beer lesen unter

www.kirabeer.de

Instagram: @kira_beer

„Leere Zeilen – Gebetstagebuch“, ruach.jetzt, ISBN 978-3-949617-56-0

Stand: 19.12.2023