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100 Jahrgänge "Frau und Mutter"

Die Geschichte der größten deutschsprachigen katholischen Zeitschrift

Als 1909 der erste Jahrgang des Monatsblattes "Die Mutter" erschien, war Deutschland noch ein Kaiserreich. Seitdem begleitete die Zeitschrift Millionen katholischer Frauen, Männer und Familien - unter Zwang unterbrochen nur von den Nationalsozialisten zwischen 1939 und 1948. Durch diese Unterbrechung ist auch zu erklären, dass "Frau und Mutter" nicht schon 2009 Jubiläum feierte, sondern 2017: Die Verantwortlichen zählten stets die Jahrgänge und nicht die Jahre.

Von Nikola Hollmann

Diese und andere Geschichten sind gute Gründe für einen Blick in die Entwicklungen der auflagenstärksten katholischen Publikation in Deutschland. 

Die ersten Jahre

Der Volksverein für das katholische Deutschland ergriff 1909 die Initiative, ein Monatsblatt für katholische Frauen herauszubringen. Monatlich erschien fortan "Die Mutter", und der Titel war Programm: Hauptsächlich geht es um Religiöses und Erziehungsfragen. Es gibt sogar eine Kinderbeilage: "Mutter und Kind gehören zusammen. Ihr Kind zu erziehen ist ja der Lebenslauf der Mutter", heißt es zur Begründung.

Innerhalb kürzester Zeit wurde "Die Mutter" zur Zeitschrift für die Mitglieder der "Christlichen Müttervereine". Schon damals wurde sie übrigens von Helferinnen persönlich an die Haus- und Wohnungstüren der Vereinsmitglieder gebracht. "Die Verteilung der Zeitschrift ,Die Mutter' soll dazu beitragen, den Vorstandsmitgliedern den Einlass in die einzelnen Familien zu erleichtern", heißt es im November 1910. "Jedes einzelne Vorstandsmitglied muss sich mit dem Inhalt der ... Zeitung eingehend vertraut machen, um die Familien auf den Inhalt und Wert dieser Zeitung hinweisen zu können."

Dass die Gewinnung neuer Mitglieder die Gruppen schon immer beschäftigte, zeigt der in der Januar-Ausgabe 1910 zitierte Jahresbericht des Müttervereins der St. Antoniuspfarrei in Bochum: "Seit der Gründung am 6. Dezember 1903 sind im Ganzen 1055 Mitglieder dem Verein beigetreten, davon im letzten Jahre 39. Nach Abzug der gestorbenen und der verzogenen zählte der Verein am Ende des Jahres 750 Mitglieder.

... In der Vorstandssitzung am 5. Dezember 1909 wurde beschlossen, das Vertrauenspersonensystem einzuführen. Maßgebend für diesen Beschluss war die Wahrnehmung, dass viele Frauen, besonders die jüngeren und die neu zugezogenen, dem Verein ferngeblieben waren, und dass nicht wenige Mitglieder dem Verein nicht mehr das ursprüngliche Interesse entgegenbrachten.

... Zur Erleichterung ihrer Arbeit erhielten sie ... gedruckte Formulare zur Anmeldung. Der Erfolg war überraschend groß: In kurzer Zeit wurden 253 neue Mitglieder aufgenommen." Als der Erste Weltkrieg begann, änderte sich auch der Ton in der Zeitschrift. "Mutter, wann kehrt der Vater nach Haus?" oder "Wie führt man einen Kriegshaushalt?" waren nun Beiträge überschrieben.

Die 20er-Jahre

Ein wichtiges Datum für die Geschichte von "Frau und Mutter" ist das Jahr 1928. Am 2. Januar wird der Beschluss gefasst, einen "Zentralverband der Müttervereine" zu gründen, am 14. September die Satzung unterzeichnet.

Gründungsmitglieder der Organisation, die später in die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands überging, sind die Diözesanverbände Köln, Münster, Paderborn, Limburg, Trier, Hildesheim und Osnabrück, bald darauf schließen sich die ost- und mitteldeutschen Bistümer an. Von Anfang an ist "Die Mutter" Mitgliederzeitschrift des neugegründeten Verbandes. Sie nennt sich in ihrem Untertitel nunmehr "Zeitschrift des Verbandes der katholischen Frauen- und Müttervereine Deutschlands - Sendbote des Gebetsapostolats".

Damals wie heute hatte die Zeitschrift rund eine halbe Million Bezieherinnen. "Ihr könnt euch denken, dass das für uns, die wir an der ,Mutter' mitarbeiten, eine besondere Freude ist", schrieb die Redaktion in der Mai-Ausgabe 1929: "Aber auch eine ernste Verantwortung! Ja, was ist das ein großer Gedanke: Was wir schreiben, das lesen 500.000 Mütter, das soll in eine halbe Million Mütterherzen und Familien Trost und Licht und Mut und Vertrauen hineinbringen! O gewiss, wir sind uns unserer schönen Aufgabe wohl bewusst. Und wir möchten euch in Wort und Bild das Beste geben." Schon damals bezeichnete Generalpräses Hermann Klens die Zeitschrift als "das einige Band und eine Quelle der Kraft und Freude für viele hunderttausende und immer noch mehr Mütter".

Die 30er-Jahre

Die Auflage der Zeitschrift wuchs und wuchs. Wäre die Geschichte anders verlaufen, hätte sie Ende der 30er-Jahre vermutlich die Millionen-Marke geknackt. Aber so sollte es nicht kommen.

"Was ist denn mit unserer ,Mutter' vor sich gegangen?" Diese Frage, die sich viele Leserinnen stellten, als sie im Jahr 1931 die Januar-Ausgabe in Händen hielten, griff Hermann Klens in seinem Leitartikel auf: "Die hat ja mit dem neuen Jahr einen ganz neuen Kopf bekommen und sieht uns nun mit ganz anderen, gar etwas stolzen Augen an."

Was war geschehen? Die Zeitschrift hatte ihrem Namen einen gewichtigen Zusatz verpasst, "Frau und Mutter" hieß sie nun. "War ihr der alte, schöne, einfache und doch so inhaltsreiche Name 'Mutter' nicht mehr gut genug, dass sie noch einen vornehmeren Namen hinzu nahm? Oder hat sie sich gar vom Zeitgeist so mitziehen lassen, dass sie vom 'Mutter-Sein' nur noch so nebenbei sprechen will, weil das nicht mehr modern ist?"

Klens beantwortet seine Frage selbst und versichert den Leserinnen, dass die Zeitschrift unter ihrem neuen Namen nichts "von ihrem Geist preisgeben" werde. "Eigentlich will sie mit dem erweiterten Titel nur das zum Ausdruck bringen, was sie bisher schon gewesen ist", schreibt er: "Eine Helferin und Beraterin nicht nur in den Fragen des Mutterlebens und der Erziehung, sondern in allem, was das Frauenleben in der heutigen Zeit mit sich bringt und fordert." Schließlich gebe es in "unseren Reihen" auch viele, "die noch nicht Mutter sind, die es auch niemals werden, andere, die es nicht mehr sind. Auch diesen muss und will die Zeitschrift unseres Verbandes etwas geben".

Inwieweit die Namenserweiterung schon eine Abgrenzung gegenüber einer aufkommenden politischen Instrumentalisierung der "deutschen Mutter" war, lässt sich nicht mehr feststellen. Klens und die beiden Redakteurinnen Rosa Breuer und Barbara Joos übten jedenfalls in den kommenden Monaten immer deutlichere Kritik an den nach der Macht strebenden Nationalsozialisten.

"Werden wir doch hellhörig und besorgt, wir Frauen!", schreibt eine Autorin mit dem Kürzel "M.Dr." im August 1932: "Man macht unsere Kinder zu Landsknechten rücksichtsloser 'Führer'. Um uns Frauen wirbt man, aber nicht, um uns zu hören, unseren fraulichen Einfluss zu gewinnen, nein - nur, um mit unseren Stimmen an die Macht zu kommen und um uns dann als lästig und überflüssig aus Arbeit und Brot, aus Einfluss und echter Frauengeltung auszuschalten."

Die Folgen für die katholischen Verbände lagen für die Verantwortlichen offenbar klar auf der Hand, denn später heißt es in dem Artikel: "Wollen wir, dass unsere Mütter- und Jungfrauenvereine, unsere katholischen Jugendvereine verboten werden?"

1939 wurde diese Befürchtung Realität. Der Zentralverband wurde aufgelöst, die Zeitschrift verboten. Klens war bereits zuvor aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen worden, ihm wurde die "Störung des Friedens im Volke" vorgeworfen.

"Frau und Mutter" beschränkte sich in ihren letzten Ausgaben auf rein religiöse Themen, den Verantwortlichen erschien dies offenbar als der einzige noch gangbare Weg der Nicht-Einwilligung.

Die 40er-Jahre

Im November 1948 konnte der mit der Juli-Ausgabe des Jahres 1939 unterbrochene 31. Jahrgang der Zeitschrift abgeschlossen werden. "Die ,Frau und Mutter' ist wieder da!", jubelte Herausgeber Klens.

Als neue Schriftleiterin hatte Klens Maria Vielhaber gewinnen können, zum ersten Mal stand eine Frau an der Spitze der Redaktion. Sie umriss in ihrer ersten Ausgabe, wie sie "Frau und Mutter" verstand: "In katholischer Weite will sie alles umfassen, was das Leben der Frauen und Mütter in Heim und Beruf bewegt. Darüber hinaus will sie den Blick für die Aufgabe und Verantwortung der Frau in Kirche, Volk und Welt weiten. Sie will Ratgeberin in der Sorge um den Leib, den Geist und die Seele sein."

Die 50er-Jahre

Bis 1956 lautete der Untertitel: "Monatsschrift für die katholische Frau in Familie und Beruf. Zeitschrift der Bischöflichen Hauptarbeitsstelle für Frauenseelsorge". Ab 1957 wird Frau und Mutter wieder zur Mitgliederzeitschrift, herausgegeben vom Zentralverband der katholischen Frauen- und Müttergemeinschaften.

Maria Vielhaber hielt Wort und berichtete in "katholischer Weite" über die Themen, die für Frauen in der jungen Bundesrepublik relevant waren: Rente, Schul-, Familien- und Sozialgesetze, Frauenberufe - um nur einige Themen zu nennen. "Frau und Mutter" entwickelt sich zu einer Zeitschrift für Frauen, die den Alltag in Familie und Beruf aufgreift, über kirchliche Ereignisse informiert und mehr und mehr den Blick in die Politik und die Welt wagt. Erst 1959 wird der Umfang von 16 auf 24 Seiten erhöht.

Maria Vielhaber beendet ihre Tätigkeit mit der Dezember-Ausgabe des gleichen Jahres. Auf der letzten Seite des Jahrzehnts verabschiedet sie sich sehr persönlich: "Ich hoffe, Sie haben gespürt, dass ich Ihnen in Liebe verbunden war, dass ich mich bemüht habe, Ihrem Leben, Ihren vielseitigen Aufgaben, Ihren Freuden und Sorgen nahe zu sein. ... Es war mir ein Anliegen, immer wieder die Brücke zu schlagen von der Zeit zur Ewigkeit, von der Erde zum Himmel, die Mutter reich zu machen und ihren Blick zu weiten über die Familie hinaus für die Aufgaben in der Nachbarschaft, in Volk und Staat, in Welt und Kirche."

Die 60er-Jahre

Für die Kirche beginnt ein Jahrzehnt, in dem das Zweite Vatikanische Konzil bahnbrechende Veränderungen bringt. Auch für den Verband und seine Mitgliederzeitschrift wandelt sich einiges. 1968 wird aus den "Frauen- und Müttervereinen" die "Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands", eine neue Satzung ermöglicht eine neue demokratische Führungsstruktur und eine Frau an der Spitze, wenn auch der Doppelspitze.

Hermann Klens, ohne den weder die kfd noch "Frau und Mutter" wären, was sie sind, tritt 1963 ab. Schriftleiterin der Mitgliederzeitschrift ist seit Januar 1960 Anneliese Lissner. Gemeinsam mit Präsidentin Marianne Dirks rief sie im Mai 1961 die Leserinnen dazu auf, eigene Wünsche und Forderungen an das Konzil zu formulieren und der Redaktion zu schicken. Die Wünsche der Frauen wurden zusammengetragen und gebündelt dem Kölner Kardinal Josef Frings mitgegeben. So gelangten die selbstbewussten Eingaben der deutschen katholischen Frauen in die Beratungen der Bischöfe im Vatikan.

Die 70er-Jahre

1973 gibt Anneliese Lissner die Leitung der Zeitschrift an Ruth Ahl ab. Lissner ist zu diesem Zeitpunkt bereits seit knapp zwei Jahren die erste demokratisch gewählte Generalsekretärin der kfd.

Nachfolgerin Ruth Ahl kommt aus der Bildungsarbeit, Literatur und Kunst sind ihr ein persönliches Anliegen. In der Ausrichtung der Zeitschrift spiegelt sich das neue Selbstverständnis des Verbandes nach dem Konzil und in der politischen Aufbruchzeit der 70er-Jahre. Wichtige Themen sind Mutterschutz ("Erziehungsgeld wäre die richtige Lösung"), Scheidungsrecht, Paragraph 218, aber auch Mädchen als Messdienerinnen und - zum ersten Mal - der Weltgebetstag der Frauen.

Die 80er-Jahre

Nach dem Weggang von Ruth Ahl 1986 führte Anneliese Knippenkötter die Redaktion weiter, und die wagt ein Experiment, das hohe Wellen schlägt: Wurde der Titelschriftzug "frau & mutter" zunächst in damals moderner Kleinschreibung gestaltet, wechselte man mit Beginn des Jahres 1988 zur Großschreibung des Wortes Frau: "Frau & mutter".

Damit sollte ein Akzent gesetzt werden in der Diskussion um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Kirche und Gesellschaft. Manchen gefiel das gar nicht, allen voran dem Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba, der das Muttersein abgewertet sah. Verbandsspitze und Redaktion ließen sich nicht beirren, selbst als der Streit öffentliche Wellen schlug, und behielten die Schreibweise bis in die 90er-Jahre bei.

Die 90er-Jahre

Nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung wurde "Frau und Mutter" nun auch ganz offiziell in den neuen Bundesländern gelesen, für viele Frauen aus den ostdeutschen Bistümern bot die Mitgliederzeitschrift der kfd den ersten Kontakt zu einer freien Presse. Die Themen der Zeitschrift waren geprägt durch die Frauenbewegung, auch durch die kirchlichen Aufbruchbewegungen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil.

So hielt auch die Feministische Theologie Einzug in "Frau und Mutter". Es ging um die Lebenswirklichkeiten von Frauen, das partnerschaftliche Zusammenleben in den Familien, aber auch das Scheitern von Ehen, um eine frauengerechte Sprache. Auch der sexuelle Missbrauch von Mädchen und Frauen wurde erstmals ausführlich thematisiert, später ging es auch um Sextourismus und Gewalt gegen Frauen.

Ein Schwerpunkt bleibt die Familie - allerdings in neuer Offenheit: In den "Akzenten '93", der Erklärung der dritten Delegiertenversammlung der kfd 1993, heißt es: "Die Vielfalt der Lebensformen ... muss in der kfd stärker bewusst gemacht, toleriert und anerkannt werden. ... Die kfd wird dafür eintreten, dass Frauen ihre individuelle Lebensform ohne Benachteiligung und menschenwürdig leben können."

Am Ende des Jahrzehnts folgte Barbara Leckel als verantwortliche Redakteurin auf Anneliese Knippenkötter, und als eine ihrer ersten Amtshandlungen schaffte sie die technischen Voraussetzungen, die Produktionszeit von drei Monaten auf einen Monat zu verkürzen.

Das neue Jahrtausend

Als 85-Jährige vollzog "Frau und Mutter" im Jahr 2002 einen sichtbaren Wandel: Mit einem stark veränderten Gestaltungskonzept startete sie in das neue Jahrtausend. Unter dem Titel "Zeitgemäß zeitlos" erläuterte die Redaktion die Absicht, den veränderten Sehgewohnheiten moderner Frauen gerecht zu werden.

Mehr als 2000 Zuschriften gingen in den folgenden Monaten ein - davon die meisten Briefe von kfd-Gruppen, die anfänglich skeptisch waren. Jeder Brief wurde beantwortet, verbunden mit der Bitte, sich nach einem halben Jahr noch einmal zu melden. Dem kamen viele Absenderinnen nach - und siehe da: Das neue Gesicht der Mitgliederzeitschrift stieß auf immer mehr Zustimmung.

Worüber die Meinungen viel stärker auseinandergehen, ist immer wieder der Titel "Frau und Mutter". Ein groß angelegter Prozess ging 2010 mit dem Ergebnis zu Ende, dass man bei dem Traditionsnamen bleiben wollte, der längst zu einer Marke geworden ist - mit einem festen Platz im Bewusstsein der meisten katholischen Christinnen und Christen in Deutschland. Man griff auf eine Lösung zurück, mit der im Lauf der Geschichte immer wieder gearbeitet wurde: Man änderte den Untertitel: "Menschen Leben Vielfalt. Zeitschrift der kfd".

Die Zukunft

Persönlich bin ich froh darüber, dass die Zeitschrift als "Frau und Mutter" in ihr nächstes Jahrhundert geht. "Eine Zeitschrift, die das Wort ,Frau' im Namen trägt, greift die Themen von Frauen auf, von Ahninnen und Schwestern, Patinnen und Mentorinnen, Freundinnen und Nachbarinnen.

Eine Zeitschrift, die das Wort ,Mutter' im Namen trägt, möchte Gebärerin für Ideen, Kreativität, Lebendigkeit und Lebenssinn sein, Wegbereiterin und Wertevermittlerin, Nährerin und Vernetzerin, Glaubenslehrerin und Erkenntnisvermittlerin", habe ich in meinem ersten Editorial als Chefredakteurin im September 2015 geschrieben. An diesem Leitbild wird sich die Redaktion auch in Zukunft orientieren.

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Stand: 22.03.2018