Diskussionsprozess
Sexarbeit und Prostitution

Prostitution ist ein gesellschaftliches Phänomen, das Frauen besonders betrifft: Über 90 Prozent der in der Prostitution tätigen Personen sind weiblich. Deshalb ist die kfd als Frauenverband gefordert, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Sie tut dies auf Grundlage der christlichen Werte: Sexualität ist Ausdruck von Beziehung und Liebe. Dass die christlichen Wertvorstellungen in Bezug auf Sexualität nicht von allen geteilt werden, erkennt der Verband an.
Die kfd verurteilt nicht, sondern begegnet Frauen wertschätzend, die - aus welchen Gründen auch immer - Prostitution als eine Form des Gelderwerbs sehen.
Die gesetzliche Lage in Deutschland
In Deutschland war Prostitution bis zum Jahr 2002 sittenwidrig, aber nicht verboten. Prostitution fand im rechtsfreien Raum statt. So hatten Prostituierte z.B. kein Anrecht, ihnen zustehende, aber nicht geleistete Zahlungen einzuklagen. Außerdem konnten sie sich nicht sozialversichern.
Gleichzeitig waren sie verpflichtet, sich in Gesundheitsämtern auf sexuell übertragbare Krankheiten untersuchen zu lassen. Mit der Einführung des Prostitutionsgesetzes (ProstG) 2002 wurde die Sittenwidrigkeit aufgehoben. Seitdem gilt Prostitution als anerkannte Erwerbstätigkeit; Prostituierte können sich als Selbständige anmelden und sozialversichern sowie ihren Lohn einklagen.
2017 wurde das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) als Weiterentwicklung des bestehenden Prostitutionsgesetzes eingeführt.
Ziel war, die legal ausgeführte Prostitution von krimineller Zuhälterei und Menschenhandel besser zu unterscheiden, um letzteres verhindern zu können. Kernbereich des Prostituiertenschutzgesetzes ist die Pflicht aller in der Prostitution tätigen Personen, sich anzumelden und eine regelmäßige Gesundheitsberatung (keine Zwangsuntersuchung) in Anspruch zu nehmen.
Gleichzeitig wurden für die Prostitutionsstätten und deren Betreiber weitreichende Auflagen im Hinblick auf Arbeitsschutz und Hygienevorschriften eingeführt.
Bisher ist das Prostituiertenschutzgesetz von 2017 in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich und noch nicht überall abschließend umgesetzt.

Problematik
Die Auseinandersetzung mit Prostitution wird durch die unerschlossene Faktenlage erschwert. Es gibt kaum verlässliche Zahlen über Prostitution in Deutschland.
Das Prostituiertenschutzgesetz will dem Abhilfe schaffen, doch die Umsetzung läuft langsam und es gibt weiterhin große Hürden für die Anmeldung von Prostituierten.
Aus Sicht der kfd besteht viel Handlungsbedarf, um die Situation der Frauen und Männer in der Prostitution zu verbessern. Die richtigen Maßnahmen werden kontrovers diskutiert:
Akteur*innen wie Sozialverbände und Prostituiertenverbände fordern die Verbesserung des Prostituiertenschutzgesetzes, einige Frauenrechtsorganisationen die Einführung eines Sexkaufverbots mit Freierbestrafung nach Nordischem Modell (Beispiel Schweden).
Diese sehr unterschiedlichen Meinungen lassen sich damit begründen, dass verschieden Akteur*innen unterschiedliche Einblicke in die Prostitution haben und unterschiedliche Ziele verfolgen.
Gleichzeitig haben die unterschiedlichsten Akteur*innen auch gemeinsame Forderungen, wie die Nichtdiskriminierung von Frauen, die in der Prostitution tätig sind, und die bessere Finanzierung von Programmen, die Frauen beim Ausstieg aus der Prostitution unterstützen.
Diskussion innerhalb der kfd
Auch in der kfd wird noch diskutiert, wie die Situation von Prostituierten in Deutschland verbessert werden kann. Auf dieser Seite haben wir Materialien zur intensiven Auseinandersetzung zum Thema Prostitution zusammengestellt und laden ein zur Reflexion über das Diskussionspapier.
Hintergründe/ Materialien
Prostitution
Prostitution ist die Ausübung sexueller Handlungen gegen Entgelt. Sie kann in Freiheit und Freiwilligkeit erfolgen oder unter Zwang als Zwangsprostitution, in Verbindung mit Menschenhandel und Sklaverei (vgl. ProstSchG).
Menschenhandel
Menschenhandel ist ein komplexer, mehrdimensionaler Strafbestand, geregelt durch Paragraph 232 StGB. Er stellt in allen Formen eine schwere Menschenrechtsverletzung dar.
Unter Strafe stehen Menschenhandel zum Zweck von Zwangsprostitution, außerdem Menschenhandel zum Zweck von Ausbeutung von Arbeitskraft, Bettelei, krimineller Tätigkeiten oder rechtswidriger Organentnahme.
Zwangsprostitution ist die häufigste Form der Menschenhandelsdelikte. Das Bundeskriminalamt hat 356 abgeschlossene Ermittlungsverfahren gegen sexuelle Ausbeutung im Jahr 2018 erfasst.
Es zählt 430 Opfer und 552 Tatverdächtige. Opfer und Tatverdächtige besitzen vor allem deutsche, bulgarische und rumänische Nationalität. Das UN Office on Drugs and Crime beurteilt, dass die deutsche Regierung mit ihrer Novellierung der Strafgesetze zum Menschenhandel und längeren Haftstrafen für Menschenhändler*innen wirksam gegen Menschenhandel vorgeht.
Verhältnisse, die als Ausbeutung von Prostituierten unter Strafe stehen, sind beispielsweise schlechte Bezahlung, überlange Arbeitszeiten, überhöhte Vermittlungsgebühren und/ oder Mietzahlungen, unwürdige und zum Teil gefährdende Arbeitsbedingungen und Vorenthalten des Lohns.
Fundierte statistische Daten, wie viele Prostituierte es in Deutschland gibt, existieren nicht.
Oft kursiert die Zahl von 400.000 Personen, die jedoch auf eine unbelegte Angabe des Prostituiertenverbandes Hydra e.V. in den 1990er Jahren beruht. Diese Zahl wird jedoch von der Sexarbeitsforschung als viel zu hoch eingestuft.
Schätzungen sind auch deshalb schwierig, da eine große Zahl von Frauen und Männern nebenbei, gelegentlich oder für einen kurzen Lebensabschnitt als Prostituierte tätig sind.
Das Prostituiertenschutzgesetz soll Klarheit schaffen, die Umsetzung läuft jedoch noch und teilweise sind Hürden zur Anmeldung hoch.
Ende 2019 waren deutschlandweit 40.400 Prostituierte angemeldet.
Schätzungsweise 90 Prozent der in der Prostitution Tätigen sind weiblich, 7 Prozent sind männlich und 3 Prozent transsexuell.
Schätzungsweise 60 Prozent der Prostituierten sind Migrant*innen, größtenteils aus Osteuropa.
-
kfd-Diskussionspapier Prostitution (aktualisierte Version) Auf Beschluss der kfd-Bundesversammlung vom 31. Mai 2018 wurde die AG "Prostitution" eingesetzt, mit dem Ziel einer Positionsbeschreibung und Haltung des Verbandes zum Thema Prostitution. Dieses Papier wird zunächst als Diskussionspapier in die kfd-Diözesanverbände/Landesverband hineingegeben. 442 KB Download
-
-
-
-
Positionen zum Prostituiertenschutzgesetz PowerPoint-Präsentation (Positionen für Gruppenarbeit/Stationenlauf), Stand: 04. Dezember 2020 741 KB Download
-
Positionspapier: Zuwanderung und Integration (Kurzfassung) Komprimierte Fassung des im Jahr 2007 verabschiedeten Positionspapieres "Zuwanderung und Integration" (Stand: 2015). 540 KB Download
Positionspapier des kfd-Diözesanverbandes Trier zum Thema Prostitution: https://www.kfd-trier.de/fileadmin/Filemount/pdf-Dateien/pdf_Positionen/DV/PP_Prostitution_2017.pdf
EU-Themenpapier "Sexuelle Ausbeutung und Prostitution und ihre Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter": https://op.europa.eu/de/publication-detail/-/publication/3623a253-ea26-4f62-b287-3f3e3ba6cf99/language-de
Redaktion Feinschwarz, "Keine Gleichsetzung von Prostitution und Menschenhandel": https://www.feinschwarz.net/keine-gleichsetzung-von-menschenhandel-und-prostitution/
Salzkörner, "Die säkulare Akzeptanz von Prostitution - ein Irrweg": https://www.zdk.de/cache/21-Jg-Nr-3-c078ec349269f13d55205567aa87a7b5.pdf