Ein Jahr "Osnabrücker Thesen" zu Frauen in kirchlichen Ämtern
Am 9. Dezember jährt sich die Verabschiedung der sieben "Osnabrücker Thesen", die das Ergebnis des Kongresses "Frauen in kirchlichen Ämtern. Reformbewegungen in der Ökumene" vom 6. bis 9. Dezember 2017 in Osnabrück waren.
Die Thesen stellen fest, dass sichtbare Fortschritte in der Ökumene nur zu erreichen sind, wenn Frauen in den einzelnen Kirchen Zugang zu allen kirchlichen Ämtern erhalten.
Deshalb sind Verantwortliche in den Kirchen gefordert, die spezifischen Ämter und Dienste für Frauen zu öffnen und sie entsprechend den heutigen Anforderungen an die kirchliche Sendung weiter zu entwickeln.
Aktuell gewinnen die Osnabrücker Thesen eine zusätzliche Brisanz im Kontext der Debatte um den sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Kleriker (Bischöfe, Priester und Diakone).
Die im September veröffentlichte MHG-Studie macht deutlich, dass Machtmissbrauch die zentrale Ursache für sexuellen, physischen und emotionalen Missbrauch ist.
Reformen: Diskussion ohne Denkverbote
Deshalb stehen tiefgreifende Reformen in der Kirche an: Themen wie Macht und Autorität in der Kirche, die verpflichtende Verbindung von Zölibat und Weihe, Frauen in kirchlichen Ämtern und Fragen der Sexualethik müssen offen und ohne Denkverbote diskutiert werden.
Die Lösung dieser Fragen ist heute dringender denn je, um verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Zahlreiche Stimmen fordern dabei ausdrücklich eine erneuerte Ausgestaltung der kirchlichen Ämter, prominent das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK, Beschluss vom 23.11.2018).
Intensive Beschäftigung mit den Forderungen
Auf dem Kongress diskutierten die beteiligten Institutionen für Theologie der Universitäten Osnabrück, Oldenburg und Münster mit römisch-katholischen und evangelischen Verbänden zum Ende des Reformationsjubiläums 2017 die Frage nach Frauen in kirchlichen Ämtern aus ökumenischer Perspektive.
Seitdem haben sich mit den Forderungen der "Osnabrücker Thesen" der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB), die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), die AGENDA - Forum katholischer Theologinnen, deutschsprachige Generaloberinnen der UISG - Konstellation Europa Central 2 und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) intensiv beschäftigt.
Seit September liegt die Publikation der Beiträge zum Osnabrücker Kongress vor, die die Thesen wissenschaftlich begründet[1].
Spürbarer Strukturwandel in der Kirche notwendig
In tiefer Sorge um ein glaubwürdiges Zeugnis vom Evangelium des Lebens und der Barmherzigkeit Gottes halten wir eine konstruktive, weitergehende und gemeinsame Auseinandersetzung mit diesen Fragestellungen für notwendig.
Es ist nicht hinnehmbar, dass Theologinnen und Theologen heute immer noch von Rom gemaßregelt werden, wenn sie sich in wissenschaftlicher Redlichkeit mit den genannten Themen auseinandersetzen - Themen, die zu einer gründlichen Analyse des Skandals um sexuellen Missbrauch gehören und zu denen seit den 1970er Jahren fundierte Studien vorgelegt wurden.
Der Weg in die Zukunft der Kirche führt nur über einen spürbaren Strukturwandel und ein damit verbundenes partnerschaftliches und anerkennendes Miteinander von Männern und Frauen in der Kirche.
Für Agenda - Forum katholischer Theologinnen: Prof. Dr. Margit Eckholt, 1. Vorsitzende
Für den KDFB: Dr. Maria Flachsbarth, Präsidentin
Für die kfd: Mechthild Heil, Bundesvorsitzende
[1] Margit Eckholt, Dorothea Sattler, Ulrike Link-Wieczorek und Andrea Strübind (HG.): Frauen in kirchlichen Ämtern. Reformbewegungen in der Ökumene. Herder/Vandenhoeck, Freiburg 2018.