Meine Tochter, die Kirche und ich
Wie lebt es sich als katholische Familie in Zeiten, in denen Skandale die Kirche erschüttern, immer mehr Menschen austreten und immer noch keine Gleichberechtigung herrscht?
An dieser Stelle schreibt die stellvertretende Chefredakteurin der Junia, Isabelle De Bortoli, ab sofort über die aktuellen Herausforderungen rund um Glauben und Kirche. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer 8-jährigen Tochter in Neuss, DV Köln.
OHNE OMA GEHT ES NICHT
Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen ist der Besuch am Gnadenbild im Mariendom in Neviges. Meine Opa hob mich hoch, meine Oma legte meine kleine Hand auf das in die Marienstele eingelassene Glas. Sie übten mit mir das Kreuzzeichen und wir formulierten kleine Wünsche an Maria. Zu diesem Ritual gehörte auch, dass wir nach unserer Rückkehr aus dem Dom „Messdiener“ spielten. Meine Oma hatte mir ein kleines Messdiener-Gewand genäht, denn schon früh faszinierte mich die Rolle der Kinder und Jugendlichen beim Gottesdienst. Mein Opa holte Back-Oblaten aus der Küche – und los ging es. Feierlich zogen wir ins Wohnzimmer ein. Und auch mit meinen Großeltern mütterlicherseits ging ich oft in Kirchen – gerne mit einigen geschichtlichen Hinweisen meines Opas zum Bauwerk; und meine Oma ließ mich niemals einschlafen, ohne dass wir gemeinsam „Müde bin ich, geh zu Ruh“ gebetet haben.
Den kindlichen Glauben so stark zu prägen, dass er ein starkes Fundament bilden kann – dazu braucht es Menschen, die ihren Glauben weitergeben.
Auch heute ist es gut, wenn die Großeltern mithelfen, den kindlichen Glauben zu prägen und zu stärken. Denn seien wir ehrlich: Im Familienalltag, zwischen Hausaufgaben und Fußballtraining, zwischen Kindergeburtstagsgeschenk besorgen und Gitarrenunterricht, zwischen Vokabeln abfragen und Diskussionen ums Tablet kommt Glaube, kommt Kirche oft zu kurz. Bei Oma und Opa ist dann aber oft eben doch die Zeit, einfach mal in eine Kirche hineinzuspazieren, sie sich genau anzusehen und eine Kerze anzustecken.
Oder sich in Ruhe mit einer Kinderbibel hinzusetzen. Ich war mit meinen Großeltern zum Beispiel auch oft auf dem Friedhof. Das gehörte ganz selbstverständlich zu einer Ferienwoche in Neviges dazu. Schließlich mussten Blumen gegossen und Unkraut gezupft werden. Ich könnte jetzt gar nicht sagen, wie oft ich mit meiner Tochter überhaupt mal über einen Friedhof gegangen bin. Zu kostbar die Zeit, die man mit den Lebenden verbringen kann – so denkt man sich das jedenfalls.
Eine Erinnerung meiner Tochter ist später vielleicht, wie sie mit ihrer Oma ein Dorf im Sauerland nach dem Schlüssel für eine winzige Kapelle abgeklappert hat, die Oma unbedingt von innen sehen wollte. Und wie sie diesen dann tatsächlich in ihrer kleinen Hand heranschleppte. Oder wie sie bei der Taufe ihrer Cousine mit Opa auf der Orgelbank gesessen hat. Oder wie sie an einem Abend im Advent am Mariendom in Kevelaer eine Kerze zwischen Hunderte andere gestellt hat und anschließend mit Oma einen Geheimgang zum dortigen Gnadenbild gefunden hat. Oder dass Oma immer zum Heiligen Antonius gehen und dort eine Kerze anstecken muss, wenn sie etwas verloren hat.
Den kindlichen Glauben so stark zu prägen, dass er ein starkes Fundament bilden kann – dazu braucht es Menschen, die ihren Glauben weitergeben, auf ganz unterschiedliche Art und Weise, in verschiedenen Ausprägungen, auch im ganz Kleinen. Und ohne Oma – und natürlich auch Opa – geht es nicht.