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Meine Tochter, die Kirche und ich

Wie lebt es sich als katholische Familie in Zeiten, in denen Skandale die Kirche erschüttern, immer mehr Menschen austreten und immer noch keine Gleichberechtigung herrscht? 

An dieser Stelle schreibt die stellvertretende Chefredakteurin der Junia, Isabelle De Bortoli, ab sofort über die aktuellen Herausforderungen rund um Glauben und Kirche. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer 8-jährigen Tochter in Neuss, DV Köln. 

Wir haben ein Kommunionkind

Da ist sie also im Briefkasten: Die Einladung zum Elternabend für die Kommunionkinder 2023. Und damit verbunden natürlich die Frage: Wird unsere Tochter zur Kommunion gehen? Noch vor wenigen Jahren hätte ich diese Frage ohne viel Nachdenken mit „Ja!“ beantwortet. Aber es hat sich viel geändert: Die Missbrauchsskandale, der Umgang der Kirche mit diesen, speziell in unserem Bistum – Köln. Dazu die Coronapandemie, die uns in den vergangenen zwei Jahren doch sehr ferngehalten hat vom kirchlichen Leben, etwa von Familiengottesdiensten. Auch fehlt es an inspirierenden Geistlichen, an Priestern, die etwas bewegen wollen, die den Funken der Begeisterung überspringen lassen können. Stattdessen wird die Gemeinde auf der Landkarte immer größer, riesige Gebilde von Seelsorgeeinheiten mit Priestern, die man kaum trifft, die häufig wechseln, die nur noch verwalten. Und natürlich: Die ungeklärte Frauenfrage, auch das Zölibat. „Warum dürfen Priester keine Frau haben?“, fragte das Kind jüngst. Meine Antwort „Damit sie sich ganz auf Jesus konzentrieren können“ glaubte ich mir selbst nicht mehr. Eine moderne Kirche, in der sich etwas bewegt – zu der soll meine Tochter gehören. Aber so? 

„Beichttermin“ lese ich dann auch gleich beim Elternabend. Und denke: Was haben diese Kinder denn zu beichten?

„Beichttermin“ lese ich dann auch gleich beim Elternabend. Und denke: Was haben diese Kinder denn zu beichten? Erinnerungen an im dunklen Beichtstuhl gestammelte Sätze wie „Ich habe meinen kleinen Bruder geärgert“, fallen mir ein. Und sage laut beim Elternabend, dass ich meine Tochter nicht mit einem Priester allein in einen Beichtstuhl schicken werde. Warum kein Versöhnungsgottesdienst, wie in anderen Gemeinden? Ich hadere. 

Andere Eltern nehmen all das leichter: „So kann er später kirchlich heiraten, wenn er mag“, sagt eine Mutter. Oder: „Ist doch ein schönes Familienfest, und dann noch das hübsche Kleid.“ Andere sind entschieden: „Ich kann mein Kind doch nicht zu einem Verein schicken, den ich gar nicht mehr anfeuere“, bringt ein Vater einen Fußball-Vergleich. Was also tun?  

„Weiß ich nicht“, antwortet unsere Tochter auf die Frage, ob sie zur Kommunion gehen möchte. Weil sie nicht genau weiß, was das eigentlich bedeutet. „Möchtest du zu den Freunden von Jesus gehören, wie seine Jüngerinnen und Jünger?“, frage ich also nochmal. „Ja!“, sagt die Achtjährige. Denn Jesus und seine Freundinnen und Freunde, die kennt sie natürlich aus vielen Geschichten, die sie zu Hause, im Religionsunterricht und im Schulgottesdienst gehört hat. Jesus als Freund zu haben, das ist doch das Wichtigste. Und mehr braucht es vielleicht auch erstmal gar nicht. Und so haben wir also 2023 ein Kommunionkind.

Stand: 26.08.2022