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Meine Tochter, die Kirche und ich: Mama, wie heißt die Frau von Noah?

Wie lebt es sich als katholische Familie in Zeiten, in denen Skandale die Kirche erschüttern, immer mehr Menschen austreten und immer noch keine Gleichberechtigung herrscht? An dieser Stelle schreibt die stellvertretende Chefredakteurin der Junia, Isabelle De Bortoli, ab sofort über die aktuellen Herausforderungen rund um Glauben und Kirche. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer 8-jährigen Tochter in Neuss, Diözesanverband Köln. 

Neulich hatten wir unsere Cousinen und Cousins mit Kleinkindern zu Besuch. Gespielt wurde mit der Arche eines bekannten Spielzeug-Herstellers. Es gibt zwei Elefanten, zwei Zebras, zwei Giraffen, zwei Tauben, die alle über eine Rampe in die rettende Arche einsteigen können. Und es gibt zwei Menschen: einen Mann und eine Frau. „Das ist Noah“, erklärte meine Tochter ihrer zweijährigen Cousine und hielt ein Männchen mit Hut hoch. „Er rettet alle Tiere vor dem Wasser.“ „Und das ist Noah Frau ...“, sie stockte. „Mama, wie heißt die Frau von Noah?“ Mhm ... wusste ich jetzt nicht, dabei hat man die Geschichte im Laufe eines christlich-sozialisierten Lebens natürlich etliche Male gehört. „Wir lesen das in der Bibel nach“, sagte ich. Gesagt, getan. Nur: Tatsächlich hat Noahs Frau keinen eigenen Namen. Ich schaute zusätzlich nach in der „Bibel in gerechter Sprache“. Auch dort heißt es nur: „Da ging Noah hinaus und seine Frau, seine Söhne und die Frauen seiner Söhne mit ihm.“ (Gen 8,18). 

Der Ehrgeiz unter uns Erwachsenen war geweckt, es wurde nun mit dem Smartphone recherchiert. „Hier schreibt ein Vater, dessen Kinder die gleiche Frage gestellt haben, sie haben Noahs Frau einfach Gisela getauft“, schmunzelt unser Besuch. „Ihr könnt euch einen Namen ausdenken“, schlage ich den Mädchen vor. Bei uns heißt Noahs Frau jetzt deshalb Anna. Anna bringt an diesem Nachmittag gemeinsam mit Noah die Tiere in die Arche, sie sammeln Futter und bringen es den Tieren. 

Und so könnte es ja auch gewesen sein (wenn man denn die Texte des Alten Testaments überhaupt als die Beschreibung realer Ereignisse sehen möchte – den Kindern werden sie ja aber so vermittelt). Fakt ist: In der Bibel sind viele Frauen einfach „die Frau von“ oder „die Tochter von“, sie sind häufig namenlos oder kommen gar nicht erst in den Blick oder gar zu Wort. Noah hat in der Geschichte nur Söhne (sie werden übrigens in der Bibel namentlich genannt), mögliche Töchter werden gar nicht erst erwähnt. Und so werden Mädchen, die heute Geschichten aus der Bibel hören und lesen, kaum von Frauen hören. Ein Glück, dass es Autorinnen gibt, die sich bereits mit diesem Thema beschäftigt haben. Wie etwa Martina Steinkühler mit ihrer „Mädchenbibel“. Darin erzählt sie von Mädchen, die bei den in der Bibel beschriebenen Begebenheiten sicher dabei waren, aber eben nie erwähnt werden oder namenlose Randfiguren bleiben.

Genauso beleuchtet sie die möglichen Biografien von Mädchen und Frauen, die wichtige biblische Figuren sind: So wird beispielsweise die Geschichte von Miriam erzählt, Moses' Schwester. Derjenigen also, die Moses in das Weidenkörbchen legte, das seine Rettung wurde. Im Buch Exodus wird ihr Name nicht genannt. Auch Maria, Schwester von Lazarus und Marta, erzählt ihre Geschichte, ebenso wie ein Mädchen aus dem Gefolge des Johannes. Und natürlich kommen auch die Jüngerinnen Jesu zu Wort. Und so verwebt die Mädchenbibel geschickt biblische Erzählungen mit den Lebensumständen, in denen Mädchen und Frauen in der entsprechenden Zeit lebten. Für Eltern und Großeltern, die sich mit dem Thema weiter beschäftigen wollen, empfehlen sich die Bücher „Zeigt euch! 21 Porträts namenloser Frauen in der Bibel“ oder auch „Oh Gott, diese Frauen! 70 Porträts aus der Bibel“. Und so kann man dann vielleicht gemeinsam mit den Kindern überlegen, welche Geschichten die namenlosen Frauen in der Bibel gehabt haben könnten. 

Stand: 27.02.2024