Meine Tochter, die Kirche und ich
Wie lebt es sich als katholische Familie in Zeiten, in denen Skandale die Kirche erschüttern, immer mehr Menschen austreten und immer noch keine Gleichberechtigung herrscht?
An dieser Stelle schreibt die stellvertretende Chefredakteurin der Junia, Isabelle De Bortoli, ab sofort über die aktuellen Herausforderungen rund um Glauben und Kirche. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer 8-jährigen Tochter in Neuss, DV Köln.
UND WIEDER SIND ES DIE FRAUEN
Um es mal direkt auf den Punkt zu bringen: Ohne die Frauen gäbe es vermutlich keinen Kommunionunterricht mehr. Denn wer sollte den abhalten? Die Situation in unserer Gemeinde sieht so aus: Inzwischen sind 12 Gemeinden zu einem Sendungsraum zusammengelegt. Hauptamtliches Personal, das die Kommuniongruppen leiten könnte? Fehlanzeige! Also müssen – wie vermutlich nahe-zu überall – die Eltern ran. Genauer gesagt: die Mütter. Denn unter den rund 20 Katechet*innen ist exakt ein Mann. Warum die Frauen sich engagieren? Weil es ihnen wichtig ist, dass die Kinder den katholischen Glauben und christliche Werte vermittelt bekommen. Also bereiten sie die Gruppenstunden vor, führen sie durch, kommen zu diversen Gottesdiensten, begleiten die Kinder auf eine dreitägige Fahrt. Und das alles parallel zum Job, zur Sorge-Arbeit, zu anderen Ehrenämtern. Mal wie-der. „Wenn wir es nicht machen, macht es keiner“, sagt eine. Aber sollte man sich nicht die Frage stellen, warum es der Kirche trotz Millionen von Einnahmen aus den Steuern ihrer Mitglieder nicht gelingt, hauptamtliches Personal in Form von genügend Pastoralreferent*innen einzustellen, anstatt sich – wie so oft – darauf zu verlassen, dass die Laien es schon ehrenamtlich regeln werden? Sollte ihnen nicht sogar daran gelegen sein, dass das grundlegende Wissen des katholischen Glaubens den Kindern, also der nächsten Generation, von „Profis“ vermittelt wird? Denn Kinder stellen schwierige Fragen: „Warum küsst der Priester den Altar?“, „Wieso wird der Wein zu Blut?“, „Warum muss Gott unsere Schuld vergeben?“ Sollen das wirklich die Eltern beantworten?
Übrigens: In den Familiengottes-diensten ist immerhin zirka ein Drittel der Väter der Kommunionkinder anwesend. Aber – wo sind die anderen? Wieso sind es in der Mehrheit wieder die Mütter, die mit den Kindern in die Kirche gehen? Und wann hat sich das im Gegen-satz zu den Zeiten, in denen Kirche ganz klar ein Termin für die gesamte Familie war, verändert? Gespräche mit Vätern wie Müttern ergeben: Viele haben Zweifel an der Institution Kirche. Der Glaube ist der Kitt, den möchte man dem Kind mitgeben. Oft hat sich ein Elternteil bereits weit von der Kirche entfernt. Die- oder derjenige mit der tieferen christlichen Verwurzelung ist der Treiber hinter der Entscheidung für die Kommunion des Kindes. Ein Vater gibt offen zu, nicht zu glauben. Seiner Tochter möchte er aber dennoch ermöglichen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Einige Frauen berichten, ihre Männer seien mit dem ersten selbst verdienten Geld aus der Kirche ausgetreten.
Christliche Erziehung ist offensichtlich Frauensache. Umso ironischer mutet es vor diesem Hintergrund an, dass Frauen bis heute keine offiziellen Dienste und Ämter in der Kirche übernehmen dürfen.