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"Männer haben eine Pflicht der Wiedergutmachung!"

Zum Start des "Synodalen Weges": Fünf Fragen an Ida Raming (87), die ihr Leben lang für die Frauenordination kämpft.

Frau und Mutter: Ihr Kampf für die Frauenordination dauert nun schon fast sechs Jahrzehnte. Wie schauen Sie heute auf Ihre besondere Biografie?

Ida Raming: Mein öffentlicher Kampf für die Frauenordination hat 1962 mit dem Beginn des 2. Vatikanischen Konzils angefangen. Gemeinsam mit Iris Müller (gestorben 2011) habe ich damals eine Eingabe an das Konzil verfasst, in der wir volle Gleichberechtigung der Frauen, Zugang zu Diakonat und Priesteramt - theologisch begründet - gefordert haben.

Dass der Kampf der Frauen bis heute noch anhält, zeigt, wie groß die Widerstände seitens des Vatikans sind. Dennoch bedauere ich meinen langjährigen Einsatz nicht.

Ich habe bis heute eine Lebensaufgabe."

Denn es geht dabei um eine grundlegende Reform, die wesentlich ist für die Glaubwürdigkeit und Erneuerung der Kirche im Geist Jesu Christi - und darum unverzichtbar ist. Ich habe also bis heute eine Lebensaufgabe, die mich - trotz meines Alters und schwacher Gesundheit - noch immer erfüllt.

Was waren die größten Widerstände, denen Sie auf dem Weg zur Priesterin und als Priesterin ausgesetzt waren?

Gelitten habe ich an der Uneinsichtigkeit der (vatikanischen) Kirchenleitung, die natürlich auch unter den damaligen Professoren und Amtsträgern verbreitet war - und zum Teil noch ist.

Bis heute ist die Geschichte der Frauendiskriminierung in der Tradition der katholischen Kirche nicht aufgearbeitet und darum nicht überwunden."

Obwohl die päpstliche Bibelkommission 1976 einen Report herausbrachte, demzufolge das Neue Testament keine Entscheidung gegen ein Priesteramt für Frauen enthält, und die Kirche die Sakramente der Eucharistie und der Buße Frauen anvertrauen kann, ohne gegen die Intentionen Jesu Christi zu verstoßen, ging die Kongregation für die Glaubenslehre, also Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI., weiterhin vehement gegen den Zugang der Frauen zu den geistlichen Ämtern vor.

Dies ist vor allem auf die lang tradierte Frauenfeindlichkeit in Kreisen des Vatikans und darüber hinaus zurückzuführen. Bis heute ist die Geschichte der Frauendiskriminierung in der Tradition der katholischen Kirche nicht aufgearbeitet und darum nicht überwunden.

Männer der Kirche sind dadurch an den Frauen schuldig geworden und haben eine Pflicht der Wiedergutmachung gegenüber den durch sie diskriminierten Frauen.

Hinzu kam als weitere Belastung für uns, dass die Solidarität unter den Frauen in den 60er- und 70er-Jahren sehr gering war. Wir waren Einzelkämpferinnen. Frauen haben zum Teil leider die verbreitete Auffassung von ihrer sogenannten Minderwertigkeit zutiefst verinnerlicht.

Frauen sollten alles fordern, was ihnen aufgrund ihrer Menschenwürde, ihrer Gottebenbildlichkeit und ihrer Taufe zusteht und ihnen daher nicht verweigert werden darf."

Sie haben als eine der ersten der kfd zu ihrem Positionspapier "gleich und berechtigt" gratuliert. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie im Juni 2019 davon hörten?

Ich habe mich wirklich über dieses Ergebnis gefreut, weil ich meine, dass Frauen alles fordern sollten, was ihnen aufgrund ihrer Menschenwürde, ihrer Gottebenbildlichkeit und ihrer Taufe zusteht und ihnen daher nicht verweigert werden darf.

Ich meine, dass der Osnabrücker Kongress "Frauen in kirchlichen Ämtern", den ich im Dezember 2017 noch besuchen konnte, zu dem Beschluss der kfd beigetragen hat. Weiterhin herzlichen Glückwunsch und Gottes Segen dazu!

Was erwarten Sie nun von den angestoßenen Veränderungsprozessen im Rahmen des "Synodalen Weges"?

Die Sorge ist berechtigt, dass es beim "Synodalen Weg" keine echten strukturellen Reformschritte geben wird, weil die Bischöfe diese wegen der "Einheit der Kirche" niederhalten können und das alleinige ausschlaggebende Stimmrecht haben.

Warum darf es nicht "Einheit in Verschiedenheit" geben?"

Wichtig wäre, wenn sich mehrere gleichgesinnte reformorientierte Bischöfe zusammenschließen könnten. Die Beschwörung der "Einheit der Kirche" ist nur ein Vorwand, um keine Reformen durchführen zu müssen. Warum darf es nicht "Einheit in Verschiedenheit" geben, wobei das Festhalten an zentralen Glaubensinhalten selbstverständlich beibehalten wird?

Wenn Sie den Frauen dafür etwas wünschen dürften?

Ich wünsche den am "Synodalen Weg" beteiligten Frauen Kraft, Mut, Ausdauer - und vor allem die Hilfe der göttlichen Geistkraft!

Sie sollten die Bischöfe immer wieder daran erinnern, dass sie die Diskriminierung von Frauen in der Kirche überwinden müssen - es ist ein Gebot Gottes!

Ida Raming, geb. 1932, studierte in Münster und Freiburg katholische Theologie. In ihrer Doktorarbeit befasste sie sich mit der Stellung und Wertung der Frau in der katholischen Kirche – in kritischer Sicht; es war die erste Dissertation in Deutschland mit diesem Thema.

Nach dem Studium arbeitete sie als Deutsch- und Religionslehrerin. 2002 wurde Raming vom freikatholischen Bischof Rómolo Antonio Braschi mit sechs weiteren Frauen zur Priesterin geweiht. Der Heilige Stuhl erkannte die Weihe nicht an, noch im selben Jahr wurde Raming exkommuniziert.  

Stand: 28.01.2020