Logo Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands Mitglied
werden

Sieben Mal Zukunft

Ein neues Jahrzehnt ist angebrochen. Was erwartet uns in den kommenden Jahren? "Frau und Mutter" hat mit einer Zukunftsforscherin nach vorne geschaut.

Von Romina Carolin Stork

Geschlechtergerechtigkeit

Geschlechtergerechtigkeit sollte ein Thema von gestern sein - ist aber leider aktuell: Frauen bringen immer noch mehr Zeit für Haus-, Sorge- und Erwerbsarbeit auf als Männer. Wird das auch in zehn Jahren noch so sein?

Zukunftsforscherin Caroline Kubeczko ist zuversichtlich: "Vor allem die Generationen Y und Z, also die ab 1985 Geborenen, sehen gar nicht mehr so einen großen Unterschied zwischen Mann und Frau." Sie seien oft nicht mehr "typisch männlich" und "typisch weiblich" erzogen worden.

Elternzeit etwa gilt als positiv für Mutter und Vater. "Das nimmt Männern den Druck, der alleinige Familienernährer zu sein." Und Frauen sind keine 'Rabenmütter', wenn sie ins Berufsleben einsteigen.

Erwerbstätigkeit

Vor allem die Flexibilität wird im Berufsleben immer wichtiger, besonders für jüngere Menschen, sagt die Expertin: "Für sie sind Anreize wie ein Firmenwagen oder das neueste Firmenhandy gar nicht so wichtig."

Dafür hoch im Kurs: ein Mitspracherecht, in einem guten Team zu arbeiten, die Möglichkeit zu Heimarbeit, Gleitzeit, sich auf die Familie einstellen zu können, "und nicht diesen typischen 'Nine-to-five'-Job zu haben".

Und während Roboter bald einfachere Arbeiten übernähmen, würden Kompetenzen wie Zuhören oder Einfühlungsvermögen immer wichtiger - dazu braucht es auch in Zukunft den Menschen. So könnte man sich etwa in medizinischen Berufen besser spezialisieren.

"Um Daten auszuwerten, sind Roboter sicher gut und richtig am Platz. Dadurch wird aber auch mehr Zeit geschaffen, sich auf die Patienten zu konzentrieren."

Mobilität

Wer in Zukunft von A nach B kommen möchte, nutzt laut Expertin nicht mehr nur ein Verkehrsmittel - für viele Menschen sei das schon heute unwichtig, sie führen mit vielen Verkehrsmitteln:

"Bis zur Stadtgrenze mit dem Auto, dann mit dem Bus in die Stadt und die letzten hundert Meter mit dem Elektroroller." Sie geht davon aus, dass es bald autofreie Innenstädte geben wird.

"Und da braucht es ordentliche Alternativen für die Menschen, wie sie dann auch in die Stadt kommen." Zum einen würden sogenannte Sharing-Angebote, etwa Miet-Fahrräder oder -Roller, weiter ausgebaut. Aber: "Essentiell ist auf jeden Fall ein Ausbau der öffentlichen Verkehrsnetze."

In Großstädten seien diese oft schon gut getaktet - anders als im ländlichen Bereich. Ein selbstfahrendes Auto wird auch in zehn Jahren noch nicht jeder haben, schätzt Kubeczko.

Klimawandel

Palmen statt Laubbäume in Deutschland? Das kann sich die Zukunftsforscherin nicht vorstellen. Der Klimawandel ist derzeit das vorherrschende Thema, vor allem bei jungen Menschen, und laut Kubeczko ist nachhaltiges Handeln kein vorübergehender Trend:

"Niemand, der jetzt wirklich Müll trennt und schaut, dass er seine Kleidung aus fair produzierten Manufakturen bezieht, geht in zwei Jahren zu Kleidungs-Discountern und verwendet nur noch Einweg-Kaffeebecher." Auch in älteren Generationen habe sich der Klima-Gedanke verankert. Es liege nun an der Politik, die Klimaziele zu erreichen.

Wohnen

Knapper Wohnraum, steigende Mieten: Wie wird es bloß in zehn Jahren aussehen? "In Zukunft sind die Preise hoffentlich wieder leistbar, so dass nicht mehr die Hälfte des Einkommens für die Wohnung draufgeht", sagt die Expertin.

Sie plädiert für mehr staatlich geförderten Wohnungsbau. Neuer Wohnraum werde wohl vor allem in die Höhe gebaut. "Allerdings denke ich eher, dass sich die Ballungszentren ein bisschen entspannen, die Speckgürtel weiter ausgebaut und Dörfer wirklich besser angebunden und wohnlicher gemacht werden, so dass die Leute nicht mehr so sehr in die Städte flüchten müssen." Gut erreichbare Ärzte, Kindergärten oder Einkaufsmöglichkeiten für alle seien der Schlüssel.

Gesundheitswesen

Gesundheit wird immer mehr zum Statussymbol, ist Kubeczko überzeugt. Die meisten Menschen fühlten sich dafür verantwortlich und informierten sich.

"Es geht vor allem nicht mehr darum: Wie bleibe ich möglichst lange jung? Sondern: Wie bleibe ich möglichst lange gesund?" Ernährung orientiert sich zukünftig wieder mehr an regionalen, saisonalen Produkten; "Superfood" wie Avocados seien zu wenig nachhaltig.

Digitalisierung spielt auch eine Rolle. Zwar gelten Ärztinnen und Ärzte immer noch als erste Ansprechpartner; danach folge aber das Internet. Die Einführung einer digitalen Gesundheitsakte biete Vorteile, etwa, wenn bei einer Notfallpatientin sofort alle Daten bereitstünden.

"Allerdings ist die große Frage: Wie wird mit diesen Daten umgegangen?" Sie müssten möglichst sicher gemacht werden - und diese Sicherheit sollte man auch den Patientinnen und Patienten vermitteln.

Gesellschaft

Die Digitalisierung hat vielleicht teils dafür gesorgt, dass sich Menschen auseinanderleben. Allerdings sagt die Forscherin: Soziale Netzwerke schaffen es auch, sie zusammenzubringen.

Leute verabredeten sich digital immer gezielter mit Gleichgesinnten, um sich real zu treffen. So entstehe eine "neue Form von früheren Bastelrunden, Turngruppen oder AGs". Auch das Vereins- und Verbändeleben wird wieder mehr an Bedeutung gewinnen. Menschen sehnen sich danach, "sich abends gemeinsam zu treffen".

Sich die Zeit dafür nehmen, sich mit anderen auszutauschen, das Handy auch mal ausgeschaltet zu lassen, werde immer wichtiger.

Stand: 16.12.2019