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Licht ins Dunkel bringen

Die 27-jährige Bestatterin Diana Kampschulte

Von Monika Spanier

Diana Kampschulte (27) ist über sich selbst erstaunt. Seit acht Jahren ist sie mittlerweile mit dem Bestattungswesen verbunden. Und keinen Tag hat sie bereut, dass sie nach dem Abitur 2006 dem Rat der Mutter folgte und den damals ganz neuen Ausbildungsberuf der Bestattungsfachkraft erlernte. Anna-Maria Schlebusch, Geschäftsleiterin der Bestattungen Schlebusch in Erkrath-Hochdahl, ist stolz auf die junge Kollegin. Diese wird im Umgang mit trauernden Angehörigen hoch geschätzt und hat sich inzwischen eine Vertrauensstellung erworben. Denn geht die Chefin einmal in den Ruhestand, soll Diana Kampschulte das 1933 gegründete Beerdigungsinstitut in die nächste Generation führen.

Tod und Trauer gehören für Diana Kampschulte zum Berufsalltag. Manchmal sind Hinterbliebene skeptisch, wenn sie der noch sehr jungen Frau die Tür öffnen, um mit ihr all die vielen Fragen zu klären, die sich im Vorfeld der Beerdigung eines Verstorbenen ergeben. Doch nie wurde die Bestatterin bislang nach Hause geschickt, weil die Kunden lieber mit einem Kollegen mit mehr Lebenserfahrung sprechen wollten. Diana Kampschulte, das spürt, wer ihr im traditionsreichen Familienbetrieb zum ersten Mal begegnet, ist natürlich und offen. Im Gespräch mit den Kunden ist sie einerseits zugewandt, wahrt aber andererseits auch die notwendige Distanz, die Trauernde in ihrer Krisensituation wünschen. "Ich versuche, mich mit Respekt und Vorsicht einzubringen. Die Menschen sind sehr unterschiedlich, und jeder braucht eine ganz eigene Ansprache", sagt die junge Bestatterin. Zurückhaltend und umsichtig stellt sie sich auf jede neue Situation ein. Dieses Takt- und Fingerspitzengefühl macht ihre psychologische Kompetenz aus und ist vielleicht auch das Geheimnis für die Dankbarkeit, die sie immer wieder erlebt, wenn sie spirituellen Beistand leistet.
 
AbiturientInnen streben meistens ein Studium an. Sie wollen Betriebswirte, Medizinerinnen, Soziologinnen oder Juristinnen werden. Diana Kampschulte aber wollte nicht weiter büffeln. Sie wollte Abwechslung. Ihre Mutter hatte ihr dann geraten, die gerade neu geschaffene Berufsausbildung zur Bestattungsfachkraft anzutreten. Bei dieser Tätigkeit kann sie ihre verschiedenen Fähigkeiten einsetzen. Kreativität ist gefordert, sobald es um die Gestaltung von Drucksachen für die Trauerpost geht oder um die Frage, welche Kleider ein Toter im Sarg tragen soll, ob und wie er vielleicht aufgebahrt wird. Ihr Rat ist gefragt, wenn es um die Wahl einer Grabstelle geht, wenn sie Kataloge zur Auswahl von Urne oder Sarg präsentiert oder wenn es um die Gestaltung des Blumenschmuckes geht. Sie spricht mit Organisten, Seelsorgerinnen und Seelsorgern, Trauerrednern oder Mitarbeiterinnen des nahegelegenen Hospizes. Mit den Hinterbliebenen überlegt sie, welche Lieblingsmusik des Verstorbenen bei der Trauerfeier gespielt werden soll. Nicht zuletzt erfordert ihr Beruf detaillierte kaufmännische Kenntnisse, denn auch ein Bestattungsinstitut ist ein Geschäftsbetrieb. Dass ihr all dies Spaß machen würde, hat die Hochdahlerin bereits im Praktikum festgestellt.

Eine Art Event-Manager

In der Ausbildung etwa stand Warenkunde auf dem Lehrplan. Sie lernte unterschiedliche Holz- und Stoffarten kennen, befasste sich mit der hygienischen Versorgung von Toten und musste sogar auf dem Lehrfriedhof baggern lernen. Am Ende stellte sie fest, dass der mit sehr viel Organisation betraute Bestatter, der in seinem Metier auf jede gesellschaftliche Veränderung reagieren muss, eine Art Event-Manager ist. Ihre Prüfung absolvierte sie 2008 nach zwei Lehrjahren im Ausbildungszentrum für Bestatter im unterfränkischen Münnerstadt mit Auszeichnung.

Diana Kampschulte versteht ihre Arbeit als Hilfe für die Hinterbliebenen. "Ich nehme ihnen alle Wege ab, damit sie sich auf ihre Trauer konzentrieren können", erklärt sie und ergänzt: "Ich möchte ihnen in einer Ausnahmesituation die Angst nehmen." Und wie kann eine junge Frau mit all den geweinten und ungeweinten Tränen umgehen? Manche Erfahrung kann sie mit ihrem Freund teilen, der im Institut als Fahrer arbeitet. "Ich versuche nie, mitzuleiden", betont Kampschulte. Natürlich: Manches Schicksal berühre sie, etwa wenn Freunde betroffen sind. In der Kleinstadt am Rande der Metropole Düsseldorf gibt es viele Menschen, die sich noch aus der Schulzeit, aus dem Sportverein oder über die Eltern kennen. Diana Kampschulte aber hat gelernt, dass sie zum eigenen Schutz Grenzen ziehen muss.

Der Beruf half bei der privaten Trauerbewältigung

Dabei sind ihr Schmerz und Trauer persönlich nicht fremd. Als wenige Monate nacheinander Mutter und Großmutter starben, hat sie all das Leid erlebt, dem sie im beruflichen Alltag begegnet. Nachdenklich bekennt sie: "Nur weil ich mit dem Tod zu tun habe, kann ich doch nicht besser damit umgehen." Es war dann der Job, der bei der eigenen Trauerbewältigung enorm geholfen hat. Mit viel Liebe und viel Schmerz hat sie nach dem Tod der Mutter die Trauerfeier im Sinne der Verstorbenen gestaltet. "Ich habe das für meine Familie getan."
 
Licht ins Dunkel der Trauer bringen – vor diesem christlichen Hintergrund versteht die Protestantin ihre Arbeit. Sie erlebt, wie glaubende Menschen den Tod von nahen Angehörigen oder Freunden besser verarbeiten können. "Niemand möchte ein Ende haben. Menschen die glauben, haben es einfacher, Abschied zu nehmen, weil sie sich an etwas festhalten können." Der Tod konfrontiert die junge Frau mit sich rasch wandelnden Bestattungsritualen und sehr unterschiedlichen Kulturkreisen. Beisetzungen werden nicht nur für Katholiken und Protestanten organisiert, auch Muslime, Orthodoxe, Juden, Buddhisten und Hindus suchen den Kontakt zum Bestattungshaus, das schon Überführungen von Toten in die Türkei oder Kroatien vermittelt hat. Die Herausforderung ist täglich neu. Ein anstrengender Beruf? Diana Kampschulte lächelt. "Mir macht die Arbeit absolut Spaß. Ich bin da, um den Menschen zu helfen, ihren Verlust erträglicher zu machen. Uns wird wahnsinnig viel Vertrauen geschenkt. Damit müssen wir Bestatter sensibel umgehen, man kann schließlich nichts wiederholen."

Stand: 04.01.2018