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Diakonat der Frau

Ein kirchliches Amt für das 21. Jahrhundert?

Von Dorothea Reininger

Der Bundesvorstand der kfd ruft dazu auf, den Festtag der Hl. Katharina von Siena am 29. April als "Tag der Diakonin" zu begehen. In ihrem Papier "Frauen geben Kirche Zukunft" hat die Bundesversammlung im vergangenen Jahr klare Position bezogen: "Frauen, die zu diesem Amt berufen sind", müssen "zu Diakoninnen geweiht werden". Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist dem im November gefolgt und nannte "Frauen als Diakoninnen unverzichtbar". Der angestoßene Dialogprozess, der in diesem Jahr unter dem Motto "Diakonisch Kirche sein" steht, werde durch diese Positionierung erheblich belastet, reagierte prompt der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Hans Langendörfer.

Zu den theologischen Hintergründen dieser Diskussion werden einige Fragen
immer wieder gestellt:

Hat es in der Geschichte der Kirche Diakoninnen gegeben?
Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Denn zwar kennt schon die Bibel Diakoninnen: Im Römerbrief 16,1f. wird eine gewisse Phoebe erwähnt, die "diakonos" der Gemeinde von Kenchreä genannt wird, und im ersten Timotheus-Brief (3,11) ist in einem Tugendkatalog für Diakone ganz selbstverständlich und ohne weiteren Kommentar auch von Frauen die Rede. Aber die Frage, welcher Art dieses Amt war, was diese Frauen getan haben und wie ihr Status in der Gemeinde war, ist allein schon deshalb schwer zu beantworten, weil zu dieser frühen Zeit die gesamte Ämterstruktur der Kirche noch im Fluss war. Viele Forscherinnen und Forscher gehen aber davon aus, dass das, was zu dieser Zeit einen männlichen Diakonos ausmachte, auch für Frauen galt.

Gestützt wird dies durch die Entdeckung, dass die frühen Gemeindeordnungen des dritten und vierten Jahrhunderts ausführlich von Diakoninnen (diakonissae) berichten: Sie erwähnen diese nicht nur, sondern beschreiben auch genau, welche Aufgaben sie haben. Anhand dieser Beschreibungen lässt sich gut erkennen, dass ihre Tätigkeit eine Art "Seelsorge von Frauen an Frauen" war – was in dieser Zeit, in der die Lebensbereiche von Männern und Frauen noch strikt getrennt waren, einfach nötig war.

Aus dem östlichen Teil der damals noch vereinten Kirche sind sogar sogenannte Weiheformulare erhalten, die den genauen Ablauf einer Weihe von Diakoninnen beschreiben (8. bis 10. Jh.). Über die Bewertung dieser Weihevorschriften streiten sich jedoch die ExpertInnen: Die einen legen größten Wert auf die Frage, ob die Frauen eine sakramentale Weihe erhielten, wie sie heute bekannt ist (wobei das schwierig zu entscheiden ist, weil die Definition des Sakraments erst viele Jahrhunderte später erfolgte). Die anderen heben hervor, dass es erstaunlich ist, dass Frauen überhaupt geweiht wurden, und dazu noch im Altarraum – wenn man bedenkt, welche magisch anmutenden, heftigen Ängste in dieser Zeit noch vor "kultisch unreinen" Frauen bestanden.

Warum gibt es sie dann nicht mehr?
Der Diakonat ging im Laufe der Jahrhunderte als eigenständiges Amt insgesamt verloren – auch für Männer. Erst im Zuge des Zweiten Vatikanums wurde er wieder eingeführt, damals allerdings als Ständiges Amt nur für Männer, was manche der damaligen Pioniere heute sehr bedauern.

In der theologischen Diskussion wird zunehmend deutlich, dass die Frage nach der Qualität der Diakoninnenweihe im 8. Jahrhundert viel zu kurz greift. Viel wichtiger als der Disput darüber, ob die altkirchliche Diakonin eine sakramentale Weihe erhalten hat oder nicht, sei doch die Frage: Welchen Auftrag haben wir als Kirche heute? Welche Kräfte und Mittel, Ämter und Dienste brauchen wir dazu? Wenn man diese Fragen in den Vordergrund stelle, dann stehe zumindest die Tradition der Kirche nicht im Wege, denn zu keiner Zeit wurde das Amt der Diakoninnen ausdru?cklich verboten. Umgekehrt wird inzwischen argumentiert: Die großen Umwälzungsprozesse innerhalb in der Kirche brauchen neue Wege – und diese haben sogar Vorbilder in den ersten Jahrhunderten der Christenheit!

Ist die Zeit auch weltkirchlich reif für den Diakonat der Frau?
Ein wichtiges Argument derjenigen, die sich gegen den Diakonat der Frau aussprechen, lautet, er sei "mit den weltkirchlich verbindlichen theologischen Überzeugungen und Festlegungen nicht vereinbar". So formulierte es der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, in seiner Reaktion auf den ZdK-Beschluss. Aber auch die Befürworter erwarten nicht, dass alle Teile der Weltkirche Frauen in den Ständigen Diakonat weihen würden. Genau so verhalte es sich auch im Hinblick auf den Ständigen Diakonat der Männer, argumentieren sie: Die Bischofskonferenzen entscheiden jeweils, ob dies für ihre Ortskirchen sinnvoll ist oder nicht – und nicht alle weihen Männer zu Diakonen.

Was wäre die Aufgabe einer Ständigen Diakonin?
Es geht nicht so sehr darum zu fragen, was jemand "darf" oder "nicht darf". Stattdessen geht es theologisch darum, was das sakramentale Amt in der Kirche bedeutet, warum und wofür es das Amt in der Kirche überhaupt gibt und warum es also auch den Diakonat – für Männer und Frauen – geben soll. Aus der Antwort auf diese Fragen sollten sich die Aufgaben der Diakonin sinnvoll ableiten lassen.

Das Amt gibt es, um den Grundauftrag der Kirche zu erfüllen: Die Verkündigung der Frohen Botschaft in Wort und Tat nach Jesu Beispiel: "Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" (Mk 1,15) Die Diakonenweihe weiht nach dem Zweiten Vatikanum "nicht zum Priestertum, sondern zum Dienst" (Lumen Gentium 29). Von der Fülle der Aufgaben des kirchlichen Amtes gehört zum Diakonat also das Charisma der Diakonie, des Dienstes am Nächsten, am Notleidenden, an den Armen und Schwachen. So ist der Platz der Diakonin bei den Armen (z.B. Suppenküche oder Arbeitslosenhilfe), sie tröstet die Trauernden, besucht die Kranken, sorgt sich um die Kinder, steht Familien bei.

Was eigentlich Auftrag der ganzen Kirche ist, das setzt der Diakon oder die Diakonin in die Tat um und repräsentiert es nach außen, auch in der Liturgie. Dieser Auftrag schließt zwar die Verkündigung des Wortes aus ihrem Blickwinkel und auch die Mitwirkung in der Liturgie durch die Diakonin mit ein, hat aber dort nicht seinen Schwerpunkt. Vielmehr müsste dann die Spendung der Sakramente als "Zeichen der Nähe Gottes", die sich aus diesen Aufgaben ergeben, zu seinem oder ihrem Aufgabenbereich gehören: Taufe und Krankensalbungzum Beispiel. Ist der Diakonat so profiliert, sollte sich die Berufung auch nicht danach entscheiden, ob der Zölibat gehalten werden muss oder nicht, wie es heute beim Ständigen Diakonat noch häufig der Fall ist.

Brauchen die Frauen für diesen Dienst die Diakoninnenweihe?
Nein, für Frauen ist die Diakoninnenweihe selbstverständlich nicht die Voraussetzung für den Dienst am Nächsten. Schließlich sind es in den meisten Gemeinden Frauen, die diesen Dienst längst tun, auch ohne Weihe. Aber die Kirche braucht die Frauen im Diakonat – von dieser Überzeugung sprechen die oben genannten Positionierungen der kfd und des ZdK. Wer, wenn nicht die Frauen, repräsentiert schon längst mit ihrem – oft stillen – Dienst den diakonischen Auftrag der ganzen Kirche?

Nicht jede dieser Frauen soll gleich Diakonin werden – zumal dann nicht, wenn sie diesen Ruf gar nicht verspürt. Aber diejenigen, die fähig und willens wären, Leitungsfunktionen für die Diakonie in der Gemeinde zu übernehmen – also dafür Sorge zu tragen, dass die Gemeinde ihre Verantwortung für den Dienst an den Kleinen und Notleidenden wieder erkennt und übernimmt –, sollten auch die Zusage und Sendung der Kirche durch die Weihe erhalten.

Ein Gedanke zum Schluss
Ist es womöglich so, dass die Kirche zu lange die Frohe Botschaft nur im gesprochenen Wort verkündet hat und dem zu wenig Taten folgen ließ? Ist daher nicht jetzt eine Zeit der Verkündigung in der Tat, also eine Zeit des Diakonats angebrochen? Offensichtlich wird jedenfalls die Kirche heute in der Gesellschaft gerade im diakonischen Bereich als glaubwürdig erlebt: in Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten.

Einige Informationen und Gruppenmodelle liegen im Internet bereit unter www.kfd.de

Stand: 04.01.2018