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Der Predigerinnentag

 

Von Isabelle De Bortoli

Ich werde gesehen."

Annette Bernards ist beim kfd-Predigerinnentag dabei. Sie setzt sich dafür ein, dass die Gestaltung eines kompletten Gottesdienstes durch Frauen zur Normalität wird.

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Dieser Satz von Hagar, der Sklavin Abrahams und Saras (1. Mose 16,13) hat für Annette Bernards (70) eine besondere Bedeutung. „Oft haben andere Menschen in mir etwas gesehen, das ich noch gar nicht für mich entdeckt hatte.“ Wenn die Karlsruherin auf die vielen Aufgaben schaut, die sie im Laufe der Jahrzehnte in der Gemeinde übernommen hat, dann war es für sie oft so, „dass Gott mich durch andere gesehen hat“. Ob Gremienarbeit, geistliche Leiterin der kfd Karlsruhe, Stiftungsarbeit oder die Gestaltung von spirituellen Angeboten – die ehemalige Jura-Professorin engagiert sich auf vielfältige Weise. „Kirche ist für mich Gemeinschaft, Heimat und ein Stück weit Familie“, sagt Bernards, die nicht nur mit dem Bundesverdienstkreuz, sondern jüngst auch mit dem päpstlichen Silvesterorden für ihren ehrenamtlichen Einsatz gewürdigt wurde.

Der Einsatz für die Kirche liegt in der Familie der gebürtigen Wuppertalerin. Beide Eltern waren in der Gemeinde vor Ort engagiert, die Mutter Kölner Diözesanvorsitzende der kfd. Annette Bernards engagierte sich in ihrer Jugend bei den Pfadfindern, und als es zum Jura-Studium von Wuppertal nach Freiburg und später zum ersten Job nach Karlsruhe ging, dockte sie immer über die Kirche in der neuen Heimat an. „Viele meiner ehrenamtlichen Aufgaben wurden von außen an mich herangetragen. Und ich war offen und habe es dann ausprobiert.“

Auf 55 Jahre Ehrenamt in der Kirche schaut Annette Bernards heute. „Ich habe immer Menschen gefunden, mit denen ich den Weg beschreiten konnte. Und ich habe gesehen, dass es Frauen in der Kirche geben muss, die etwas bewegen. So bin ich in die kfd eingetreten.“ Über die kfd kam Bernards dann in die geistliche Leitung. „Mir wurde klar, dass ich die Sehnsucht nach mehr Glauben, nach mehr Tiefe spürte. Ich wollte mit anderen mehr über den Glauben sprechen, den Glauben weitereinwickeln.“

Mein Wunsch ist es, stärker in der Normalität anzukommen, also zu vermitteln, dass es nichts Besonderes sein sollte, wenn Frauen einen Gottesdienst samt des Verkündigungsteils übernehmen.

In den Gottesdienst zum Predigerinnentag 2024 möchte sie möglichst viele Frauen einbeziehen: „Mein Wunsch ist es, stärker in der Normalität anzukommen, also zu vermitteln, dass es nichts Besonderes sein sollte, wenn Frauen einen Gottesdienst samt des Verkündigungsteils übernehmen. Deshalb werden wir auch einen ganz ,normalen‘ Freitagsgottesdienst gestalten, zu dem die Gemeinde ohnehin zusammenkommt“, so Bernards. Vielleicht werde sie ihre Predigt als Dialog mit anderen Frauen gestalten – und sich auf das Tagesevangelium beziehen. „Ich möchte zeigen: Wer predigt, ob Priester, Laie oder Laiin, ob Mann oder Frau, sollte keine Rolle spielen. So entwickelt sich Gemeinde, so entwickelt sich Kirche weiter.“

Annette Bernards predigt
am 17. Mai um 17.30 Uhr in
St. Stephan, Karlsruhe

Predigerinnentag – die kfd lädt ein

Vom 29. April, dem Tag der Heiligen Katharina von Siena und zugleich „Tag der Diakonin“, bis zum 17. Mai, dem Tag der Junia, lädt die kfd zum Predigerinnentag ein. Wer gerne eine Frauenpredigt erleben möchte, findet die Termine aus ganz Deutschland unter 

www.kfd.de/predigerinnentag

Am liebsten würde ich immer predigen.“

Karin Boye Toledo hat über die kfd eine neue Leidenschaft entdeckt: das Predigen in der Heiligen Messe. Nachdem sie bis ins vergangene Jahr gar nichts von der Möglichkeit wusste, als Frau in einer Messe zu verkündigen, übernimmt sie diesen Teil des Gottesdienstes gern, wenn sie es darf.

Sie freut sich darauf, strahlt schon, wenn sie daran denkt: Karin Boye Toledo (55) liebt das Predigen. Sie ist Leiterin von Wortgottesfeiern seit 2020, engagiert sich seit 2016 bei der kfd in Bielefeld Schildesche und hat durch den Predigerinnentag 2023 von der Idee erfahren, auch in der Heiligen Messe zu predigen. Ihre Heimatgemeinde St. Joseph in Bielefeld sei zwar klein, so die gebürtige Chilenin, dafür werde die Gemeinschaft besonders gehegt und gepflegt: „Hier kann man vieles möglich machen.“

Möglich machen – und verändern. Ein wichtiger Grund für Boye Toledo, der katholischen Kirche nicht den Rücken zu kehren: „Wenn ich austrete, kann ich auch selbst nichts mehr gestalten.“ Und genau das möchte die Leiterin des Bielefelder Frauenhauses. „Ich verkündige gerne, das liegt in meinem Naturell, mir war nur nicht klar, dass es die Möglichkeit dazu für mich gibt. Meine Familie und Freunde finden, dass das Predigen hundertprozentig zu mir passt“, schmunzelt Boye Toledo.

Wir haben keinen festen Pfarrer, oft würde sonst gar kein Gottesdienst stattfinden.

Dass sie nun das Wort Gottes verkünden kann, habe ihr eine neue Welt eröffnet. „In der Gemeinde wechsele ich mich mit einem Kollegen bei den Wortgottesfeiern ab. Und ganz ehrlich: Das fällt mir schwer. Am liebsten würde ich immer predigen. Ich plane sogar meinen Urlaub um die Wortgottesfeiern herum. Ich mag es, dabei komplett für die Gestaltung, samt aller Texte und Lieder, verantwortlich zu sein.“

In der Bielefelder Gemeinde sei man froh, dass es engagierte Laien und Laiinnen gäbe. „Wir haben keinen festen Pfarrer, oft würde sonst gar kein Gottesdienst stattfinden“, sagt Boye Toledo und erzählt eine kleine Anekdote: „In unserer Kirche feiern auch Tamilen den Gottesdienst. Als sie mitbekommen haben, dass wir Gottesdienst ohne Pfarrer feiern, haben sie uns ihren angeboten.“

Die zweite große Leidenschaft von Karin Boye Toledo ist die Leitung des Bielefelder Frauenhauses. Über ihre Arbeit kam sie übrigens auch zur kfd: Weil kfd-Frauen das Frauenhaus ehrenamtlich unterstützen, lernte Boye Toledo den Verein kennen. Ein schöner Hinweis auf ihre christliche Verankerung ist die Königinnen-Figur des Bonner Künstlers und Diakons Ralf Knoblauch im Frauenhaus. Seine Figuren treten ein für die Würde jedes Menschen. „Du bist wertvoll – das ist unsere zentrale Botschaft an die Frauen, die zu uns kommen und die oft glauben, ihre Würde verloren zu haben“, sagt Karin Boye Toledo. 

Karin Boye Toledo predigt
am 5. Mai um 10 Uhr in
St. Joseph, Bielefeld

Stand: 24.04.2024