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09. November 2020 Aktuelles

Interessen selbstbestimmt vertreten

Selbstorganisation und Empowerment von Frauen weltweit war das Thema der Jahrestagung des Ständigen Ausschusses "Frauen und Erwerbsarbeit". Foto: pixabay

Die Delegierten nutzten digitale Formate, um ihre Themen zu diskutieren. (Screenshots: kfd/Beate Behrendt-Weiß)

Online-Jahrestagung des Ständigen Ausschusses "Frauen und Erwerbsarbeit" der kfd zu Arbeitsbedingungen von Frauen weltweit.

Rechte, Organisation, Schulung - diese Schlagworte stehen für die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben, wenn es um die Erwerbsarbeit von Frauen im globalen Süden geht.

Auf der Jahrestagung des Ständigen Ausschusses "Frauen und Erwerbsarbeit", die am 6. und 7. November 2020 als Video-Konferenz stattfand, war das die zentrale Botschaft im ersten Studienteil.

Unter der Überschrift "Empowerment - Selbstermächtigung von Frauen. Menschenwürdig arbeiten in der Einen Welt" beschäftigten sich die Delegierten dabei mit den Arbeitsbedingungen von Frauen weltweit.

"Rund 58 Prozent aller erwerbstätigen Frauen arbeiten informell", so Dr. Sabine Ferenschild vom Institut für Ökonomie und Ökumene Südwind. Und informell arbeiten bedeute: mit mangelndem sozialem Schutz, geringem Zugang zu Arbeitsrechten und fehlenden menschenwürdigen Arbeitsbedingungen. Im globalen Süden betrage der Prozentsatz sogar 92 Prozent.

"Auch wenn sich die Bildungssituation von Mädchen und Frauen in den letzten Jahrzehnten weltweit klar verbessert hat, schlägt sich diese Entwicklung nicht in den Arbeitsbedingungen nieder", erläuterte Ferenschild.

Extrem geringe Löhne, sexuelle Übergriffe

Am Beispiel des Textilsektors in Äthiopien machte die Referentin eklatante Defizite deutlich. So seien beispielsweise in dem größten Industriepark Hawassa, in dem auch namhafte europäische Unternehmen produzieren ließen, keine Gewerkschaften erlaubt. Zudem seien die Löhne extrem niedrig und sexuelle Übergriffe an der Tagesordnung.

Was menschenwürdige Arbeit bedeutet, ist bereits vor gut 100 Jahren von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der UN völkerrechtlich verbindlich festgeschrieben und im Laufe der Jahrzehnte erweitert und spezifiziert worden. Ein Meilenstein der Geschichte, der auf der Erkenntnis basiert, dass es keinen Frieden ohne soziale Gerechtigkeit gibt.

Dessen ungeachtet fehle es aber an konsequenter Umsetzung und Kontrolle, so Sabine Ferenschild vom Institut Südwind. Denn nicht einmal die Mindeststandards - Gewerkschaftsfreiheit, keine Diskriminierung sowie Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit - würden überall eingehalten.

Selbstorganisation und Empowerment 

Andererseits zeigten Beispiele an vielen Orten der Welt, dass Selbstorganisation und Empowerment von Frauen gerade im informellen Sektor der Schlüssel zu menschenwürdiger Arbeit und sozialem Schutz seien - und zu Entwicklung überhaupt, so die Referentin.

Frauen müssten dabei unterstützt werden, eigenmächtig und selbstbestimmt für ihre Rechte und für Geschlechtergerechtigkeit einzutreten, sich in Gewerkschaften und Bewegungen zu organisieren und sich weiterzubilden. Verantwortung, beispielsweise in Form von Lieferkettengesetzen, müssten aber natürlich auch die Länder des Nordens übernehmen.

Arbeitswelt in Deutschland

Der zweite Teil der Jahrestagung, die kfd-Referentin Annamaria Stahl gemeinsam mit den Sprecherinnen des Ausschusses Petra Löwenbück und Stephane Schimmel leitete, stellte vor allem die aktuellen Entwicklungen und Veränderungen in der Arbeitswelt in Deutschland in den Fokus.

Die wachsenden Unsicherheiten und Ungleichheiten am Arbeitsmarkt nahm Dr. Verena Tobsch vom Institut für empirische Sozial- und Wirtschaftsforschung INES in den Blick. Gründe dafür seien die Digitalisierung und technischer Fortschritt, Globalisierung und der Rückgang der Tarifbindung.

In den letzten zwei Jahrzehnten sind die Bereiche Minijob, Leiharbeit und befristete Arbeitsverhältnisse stark gewachsen."

Die Folge: Das klassische Normalarbeitsverhältnis werde zurückgedrängt, die Schere zwischen den Löhnen an den Rändern gehe immer weiter auseinander und neue Arbeitsmöglichkeiten wie Internetplattformen mit ungesicherten Arbeitsverhältnissen nähmen zu.

"In den letzten zwei Jahrzehnten sind die Bereiche Minijob, Leiharbeit und befristete Arbeitsverhältnisse stark gewachsen", so Referentin Tobsch, und davon seien Frauen überproportional betroffen.

Zudem gebe es in der digitalisierten Welt einen erkennbaren Gendergap zum Nachteil von Frauen, der sich etwa beim Zugang und dem Nutzungsverhalten bemerkbar mache.

Umso wichtiger sei es, diese Fehlentwicklungen zu benennen und darüber aufzuklären, so Verena Tobsch. Nur so könne eine nachhaltige Mitwirkung an der Weichenstellung für menschenwürdige und geschlechtergerechte Arbeitswelt gelingen.

Große Verbände wie die kfd könnten hier eine wichtige Rolle spielen, um sich für menschenwürdige Arbeitsbedingungen in Deutschland und weltweit einzusetzen. Konkrete Ideen dazu diskutierten die Delegierten abschließend in unterschiedlichen digitalen Formaten.

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Stand: 09.11.2020
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